Energierecht-Novelle: Smart-Meter-Rollout und mehr Direktvermarktung

In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 stammten rund 56 Prozent der Nettostromerzeugung in Deutschland aus Erneuerbaren Energieträgern. Dieser Anteil soll bis zum Jahr 2038 auf 100 Prozent gesteigert werden. Mit dem fortschreitenden Ausbau des Stromnetzes und der Integration der Erneuerbaren Energien sind komplexe Herausforderungen verbunden. Das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK) hat einen Gesetzesentwurf zur Novellierung des Energiewirtschaftsrechts (EnWG) im Bereich der Endkundenmärkte, des Netzausbaus und der Netzregulierung vorgelegt, dessen Änderungen im Rahmen einer Konsultation mit den Akteuren der Energiebranche abgestimmt werden.

 

Derzeit erfolgt der Ausbau der Erneuerbaren Energien in einem schnelleren Tempo als der Ausbau des Stromnetzes. Um die Netzstabilität und Versorgungssicherheit zu gewährleisten und den Redispatch-Bedarf möglichst niedrig zu halten, werden dezentrale Flexibilitäten im Stromnetz benötigt. Als Redispatch bezeichnet werden Eingriffe in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken, um Leitungsabschnitte vor einer Überlastung zu schützen. Droht an einer bestimmten Stelle im Stromnetz ein Engpass zu entstehen, weil beispielsweise Windkraft-Anlagen zu viel Strom ins Netz einspeisen, wird ihre Einspeisung gedrosselt, während die Energieerzeugungs-Anlagen jenseits dieses Engpasses ihre Einspeiseleistung erhöhen müssen.

 

Da der Netzausbau in Deutschland nur schleppend vorankommt, wird es für Projektierer von Erneuerbaren-Energien-Anlagen zunehmend schwieriger, einen freien Netzverknüpfungspunkt (NVP) für den Anschluss an das Stromnetz zu finden, was den Ausbau von Erneuerbaren Energie-Anlagen behindert. Um Lösungen für diese Problematik aufzuzeigen, haben der Bundesverband Erneuerbare Energie und das Fraunhofer Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) eine Studie zur effizienteren Nutzung von Netzverknüpfungspunkten erstellt.

Netzverknüpfungspunkte bestehen unter anderem aus einem Trafo, Schalt- sowie Mess- und Steuereinrichtungen zur Überwachung des Stromflusses. Diese Punkte können jeweils eine bestimmte Menge elektrischer Energie transportieren, die von mehreren Megawatt bis hin zu einigen Gigawatt reichen kann. Im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) ist geregelt, dass jede angeschlossene Anlage zu jedem Zeitpunkt hundert Prozent ihrer Leistung einspeisen können muss. Die durchschnittliche Nutzung eines NVP innerhalb eines Jahres liegt bei Photovoltaik bei 13 Prozent und bei modernen Windkraft-Anlagen bei 33 Prozent. Da Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen ihre volle Leistung meistens nicht zur gleichen Zeit einspeisen, könnte die gemeinsame Nutzung von Netzverknüpfungspunkten die Ausnutzung zum Teil mehr als verdoppeln.

 

Das Bundeswirtschaftsministerium will diese sogenannte Überbauung von Netzverknüpfungspunkten grundsätzlich ermöglichen. Mit der Reform des Energiewirtschaftsgesetzes und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) soll die Flexibilität des Energiesystems verbessert und der Netzanschluss und -ausbau beschleunigt werden. Der Bundesverband Erneuerbare Energie plädiert für einen schnellen Zubau systemdienlicher Stromspeicherkapazitäten wie Batterien beim Photovoltaikausbau. Der Speicherausbau sollte vorangetrieben werden, damit günstige erneuerbare Kapazitäten genutzt statt abgeregelt werden.

 

Auf Ablehnung stößt die im Gesetzesentwurf vorgesehene Absenkung der Direktvermarktungsgrenze für die Auszahlung der Einspeisevergütung. Bislang sieht die im §21 EEG geregelte Einspeisevergütung vor, dass Photovoltaik-Anlagen ab einer installierten Leistung von 100 kWp ihren Strom direkt vermarkten müssen. Die Bundesregierung plant, die Direktvermarktungspflicht für Neuanlagen grundsätzlich auf 25 kWp abzusenken.

 

Danach würden Kinobetreiber*innen, die vor dem 1. Januar 2029 eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 25 – 100 kWp installieren, künftig nur noch von der Übergangsregelung profitieren und bis zum 1. Januar 2029 eine Einspeisevergütung erhalten. Gelten soll dies für Anlagen bis 90 kWp, die vor dem 1. Januar 2026 sowie für Anlagen bis 75 kWp, die vor dem 1. Januar 2027 in Betrieb genommen wurden. PV-Anlagen bis 100 kWp, die vor dem 1. Januar 2028 ans Netz gegangen sind, müssen ihre Einspeiseleistung auf 30 Prozent begrenzen. Ab dem 1. Januar 2029 erhalten diese PV-Anlagen keine Einspeisevergütung mehr und müssen in die Direktvermarktung wechseln.

 

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) befürchtet, dass der Zwang zur Direktvermarktung ab 25 kWp den PV-Ausbau von Kleinanlagen ausbremsen würde. Auch der BEE spricht sich gegen eine Absenkung der Direktvermarktungsgrenze aus, da bereits heute Anlagen mit mehreren hundert kW Leistung mitunter Schwierigkeiten haben, einen Direktvermarkter zu finden. Zudem liegen die Direktvermarktungskosten solcher Anlagen deutlich höher als die im Gesetz vorgesehenen 4 €/MWh.

 

Durch eine weitere deutliche Verteuerung der Direktvermarktungskosten für kleinere Projekte bestände die Gefahr, dass den Anlagenbetreiber*innen unter Umständen zum Teil höhere Kosten gegenüber den Direktvermarktern entstünden, als sie durch die Stromerzeugung einnehmen könnten. Beide Verbände setzen sich für die Streichung der geplanten Regelungen für Direktvermarkter ein. Eine weitere Forderung sieht die Vermeidung negativer Strompreise durch die Umstellung von einer zeit- in eine mengenbasierte Absicherung vor.

 

Als problematisch betrachtet wird die Änderung des §9 EEG, die vorsieht, die Leistungsgrenze für Smart-Meter von 25 kW auf 2 kW zu reduzieren. Dabei müssen die Kosten von den Anlagenbetreiber*innen getragen werden, die bei einer 2 kW-Anlage genauso hoch wie bei einer 25 kW Anlage sind und somit den Betrieb von kleinen Anlagen verteuern würden. Die geplante Regelung könnte dazu führen, dass die Anlagenbetreiber*innen sich für PV-Anlagen mit geringer Leistung entscheiden, um die Mehrkosten zu vermeiden.

 

 

Höhere Kosten für intelligente Messsysteme

Für eine Verunsicherung im Markt sorgt der verpflichtende Rollout von Smart-Grid-Anwendungen, da die Steuerungstechnologie bislang weder ausreichend erprobt noch im Markt verfügbar ist. Mit den Neuregelungen zum Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) wird beabsichtigt, die Geschwindigkeit des Smart-Meter-Gateway-Rollout zu erhöhen. Der Regelungsvorschlag sieht neue Preisobergrenzen (POG) für Smart Meter Gateways und Steuerungsboxen vor. Für die Ausstattung von Anschlussstellen mit intelligenten Messsystemen ist eine Erhöhung von 30 auf 50 Euro pro Jahr für Anlagen zwischen 2 und 15 kW vorgesehen.

 

Für Anlagen zwischen 15 und 25 kW steigen die Kosten von 50 auf 90 Euro pro Jahr. Hinzu kommen weitere 100 Euro Gebühren pro Jahr für die Ausstattung mit einer Steuerungseinheit. Damit erhöhen sich die Fixkosten jährlich um mindestens 70 Euro, denn bisher waren für das intelligente Messsystem und die Herstellung der Steuerbarkeit von Modul 1 insgesamt 80 Euro pro Jahr angesetzt. Da durch die Erhöhung der Ausgleich durch die von der Bundesnetzagentur berechnete Netzentgeltreduzierung im Rahmen von §14a EnWG nicht mehr greift, fordert der BEE eine entsprechende Anpassung der Netzentgeltreduktion für §14a-Anlagen.