70-Prozent-Regelung für Photovoltaikanlagen gekappt

In Anbetracht der angespannten Versorgungslage im Energiesektor soll die Photovoltaik-Einspeisung in Deutschland weiter erhöht werden. Aus diesem Grunde ist die Abschaffung der Wirkleistungsbegrenzung für Photovoltaikanlagen bis 25 Kilowatt (kW) für alle Neuanlagen vorgezogen worden. Damit entfällt die bisherige Regelung, die Stromeinspeisung von Photovoltaikanlagen auf 70 Prozent der Maximalleistung zu begrenzen. Ursprünglich sollte diese Novellierung im Rahmen des novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2023) zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

 

Um die Stromproduktion in Deutschland zu erhöhen, hat die Bundesregierung die Einspeisebegrenzung für PV-Anlagen im Rahmen des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) aufgehoben. Die Regelung gilt für alle PV-Neuanlagen, die nach dem 14. September 2022 in Betrieb genommen worden sind. Darüber hinaus wird die 70-Prozent-Regelung zum 1. Januar 2023 auch für Bestandsanlagen bis sieben Kilowatt Leistung gestrichen. Kinobetreiber*innen, die über eine Bestandsanlage mit mehr als sieben Kilowatt installierter Leistung verfügen, werden durch den Einbau eines Smart Meters von der Einspeisebegrenzung befreit.

 

Die Leistungsbegrenzung von 70 Prozent für PV-Anlagen ist seit 2012 im EEG festgeschrieben, um die Stromnetzstabilität zu gewährleisten. Sofern mehrere benachbarte Solaranlagen aufgrund perfekter Einstrahlungsbedingungen ihren gesamten PV-Strom ins öffentliche Stromnetz einspeisen würden, bestände die Gefahr einer Netzüberlastung. Um dies zu vermeiden, sind die Netzbetreiber dazu befugt, die Einspeisung über eine fernbedienbare Funkrundsteuerung zu drosseln.

Durch die gesetzlich vorgeschriebene Abregelung produzieren Photovoltaikanlagen im Schnitt rund fünf Prozent weniger Strom, als dies rein technisch möglich wäre. Im Oktober 2022 haben die Photovoltaikanlagen in Deutschland 3700 Gigawattstunden (GWh) Solarstrom geliefert, was einem Anteil von 9,4 Prozent an der öffentlichen Nettostromerzeugung entspricht. Bei der Solarstromerzeugung spielen die Ausrichtung sowie die Wetter- und Umwelteinflüsse eine entscheidende Rolle. Nach Süden ausgerichtete Solaranlagen verzeichnen durch die Abregelung die größten Einbußen, während der Verlust bei ostwärts gerichteten Anlagen bei drei Prozent liegt. Bei Ost-West-Anlagen kommt es hingegen zu keiner Abregelung. Sofern Anlagenbetreiber*innen mehr Solarstrom ins öffentliche Stromnetz einspeisen möchten, müssen sie dies dem Netzbetreiber vorab mitteilen. Dies ermöglicht es dem Netzbetreiber, die jeweilige Netzverträglichkeit zu prüfen. Um Einzelfallprüfungen zu vermeiden, wird auf individuelle Netzverträglichkeitsprüfungen verzichtet.

 

Die Bundesregierung betont, dass insbesondere in der gegenwärtig angespannten Versorgungslage jede Kilowattstunde zähle, die aus erneuerbaren Energiequellen in die Energieversorgungsnetze eingespeist werde. Der Einbau von sogenannten Smart Meter, die bei bestehenden Solaranlagen mit mehr als sieben Kilowatt zur Befreiung von der 70-Prozent-Regelung erforderlich sind, können allerdings nicht zeitnah installiert werden, da die Zählermodelle derzeit nicht lieferbar sind oder die Messstellenbetreiber keine Termine zum Einbau der notwendigen Messeinrichtungen anbieten.

 

Die Bundesnetzagentur hat zahlreiche Beschwerden erhalten und dazu in einem Positionspapier Stellung bezogen. „Messstellenbetreiber haben nach dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) alle erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um die für eine Inbetriebnahme errichteter Erzeugungsanlagen erforderliche Messtechnik kurzfristig bereitzustellen und in Betrieb zu nehmen.“ Sofern der Messstellenbetreiber nicht in akzeptablem Zeitrahmen eine funktionsfähige Messung gewährleiste, sei der Anlagenbetreiber berechtigt, übergangsweise für den Einbau einer geeigneten Messeinrichtung zu sorgen.