Aufwind für Erneuerbare Energien mit Flugwindkraft

Die Mehrheit der Menschen in Deutschland befürwortet die Energiewende. Einer repräsentativen Umfrage zufolge, die das Marktforschungsinstitut YouGov im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) im Zeitraum zwischen dem 5. und dem 8. November 2024 vorgenommen hat, befürworten 80 Prozent der Befragten eine stärkere Nutzung und den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Eine Installation einer Erneuerbare-Energien-Anlage in unmittelbarer Nachbarschaft begrüßen 57 Prozent der Teilnehmer*innen dieser Umfrage.

 

Erneuerbare Energien werden vor allem dort geschätzt, wo sie konkret grünen Strom, Wärme und klimafreundliche Mobilität ermöglichen. Auf die höchste positive Resonanz stoßen Photovoltaik-Anlagen mit 70 Prozent Zustimmung. Bei den Nutzern von PV-Anlagen liegt dieser Wert bei 82 Prozent. Hoch im Kurs steht auch die Geothermie mit einer Akzeptanzrate von 50 Prozent, die eine Umstellung von Öl- und Gasheizungen auf eine Erdwärme-Heizung mit Wärmepumpe ermöglicht und damit für Unabhängigkeit von den globalen Energiemärkten und Importen von fossilen Energien sorgt.

 

Die Installation von Windkraftanlagen in unmittelbarer Nähe wird von 42 Prozent der Befragten befürwortet. Bei den Bürger*innen, die in der Nähe von Windkraft-Anlagen leben oder arbeiten, ist die Akzeptanz mit 61 Prozent wesentlich höher. Auf geringe Toleranz von 27 Prozent in der Bevölkerung stoßen hingegen Strommasten mit Überlandleitungen. Wenig Beliebtheit genießen ebenfalls Flugwindenergie-Anlagen, die nur 30 Prozent der Menschen in ihrer Nachbarschaft sehen möchten. Die niedrige Akzeptanz resultiert zum Teil daraus, dass diese Technologie in der breiten Bevölkerung noch unbekannt ist.

Bislang werden Flugwindenergie-Anlagen im Rahmen von Forschungsprojekten erprobt. Bei dieser Technologie werden starke Windströme in 200 bis 800 Meter Höhe genutzt und in Strom umgewandelt. Als erste Flugwindkraft-Anlage in Deutschland ist der Prototyp „SkyPower100“ entwickelt worden, der aus einem bis zu 120 Quadratmeter großen Drachen sowie einer Bodenstation mit einer Seilwinde besteht, in die ein Generator integriert ist. Wenn der an einem Seil befestigte Drachen in hohe Luftschichten aufsteigt, zieht er das Zugseil von der Seilwinde und der Generator erzeugt Strom.

 

Die Projektpartner Skysails Power, EnBW, EWE und die Leibniz Universität Hannover haben eine vollautomatische Flugwindkraftanlage mit einer Nennleistung von 100 Kilowatt entwickelt. Für die Realisierung des Projektes wurde in Abstimmung mit der Landesluftfahrtbehörde Schleswig-Holstein, dem Bundesverkehrsministerium, den umliegenden Gemeinden, der DRF Luftrettung sowie dem Luftsportverband ein Flugbeschränkungsgebiet für den Projektstandort eingerichtet. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sollen dazu dienen, Anforderungen für Genehmigungsprozesse von Flugwindkraft-Anlagen zu definieren.

 

Eine Anwendung des Hochtechnologie-Drachens ist im April 2024 auf der Hannover Messe vorgestellt worden. Das Innovationsprojekt TechnoHyb, an dem als Projektpartner der Volkswagen Konzern, der Flugwindkraft-Anlagenbauer Enerkite sowie die TU Braunschweig beteiligt sind, soll eine energieautarke Lademöglichkeit für die E-Mobilität bieten. Dabei werden mit Hilfe eines Hightech-Drachens Höhenwinde in Strom umgewandelt, welcher über Batteriespeicher als Ladeenergie genutzt werden kann. Diese netzunabhängige und dezentrale Energieversorgung könnte die Verbreitung der Elektromobilität in abgelegenen Regionen unterstützen, in denen keine entsprechende Ladeinfrastruktur vorhanden ist.

Ein weiteres Forschungsvorhaben, mit dem der Langzeitbetrieb einer Flugwindkraft-Anlage geprüft wird, ist im Juli 2024 mit dem EKEleVate-Projekt in Brandenburg gestartet. Neben dem Flugwindkraft-Anlagenentwickler Enerkite sind daran unter anderem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und die TU Berlin beteiligt. Ziel dieses Forschungsvorhabens, das mit 2,9 Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz  (BMWK) unterstützt wird, ist die Flugwindkraft-Anlage im Systemverbund mit anderen Erneuerbaren Energien zu testen.

 

Die Flugwindkraft soll in Kombination mit Photovoltaik eine konstante Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ermöglichen, um die Grundlast zu decken. Im Zuge des Wandels im Energiesektor geht der Trend zu einer dezentralen Versorgung. Für die Beschleunigung der Energiewende sind schnelle Genehmigungsprozesse ebenso ein wichtiger Schlüssel wie die Akzeptanz der Anlieger. Im Rahmen des Pilotorojektes werden auch mögliche Auswirkungen der Flugwindkraft auf die Umwelt erforscht.