Beschleunigte Inbetriebnahme von PV-Anlagen auf Gewerbedächern

Um die Energiewende umzusetzen, strebt die Bundesregierung an, den auf 680-750 TWh prognostizierten Bruttostrombedarf Deutschlands, bis zum Jahr 2030 zu 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien zu decken. Einen zentrale Rolle spielt dabei der Ausbau der installierten Photovoltaik-Anlagen, deren Leistung auf rund 200 GW erhöht werden soll. Bislang wird die Inbetriebnahme zahlreicher PV-Anlagen auf Gewerbedächern dadurch verzögert, dass Anlagen mit einer Leistung von mehr als 135 kW erst an das Mittelspannungsnetz angeschlossen werden dürfen, wenn eine Zertifizierungsstelle das erforderliche Anlagenzertifikat ausgestellt hat.

 

Bei den Zertifizierungsverfahren besteht jedoch ein Engpass, da bei den Zertifizierungsstellen, den Projektierern und den Netzbetreibern verstärkt Personal und Expertise für eine effiziente Bearbeitung aufgebaut werden muss. Diesen Stolperstein im Bereich der Gebäudephotovoltaik will das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit der Novellierung der Verordnung zum Nachweis von elektrotechnischen Eigenschaften von Energieanlagen (NELEV) aus dem Weg räumen.

 

Um den Stau bei der Bearbeitung der Zertifizierungsanträge aufzulösen, soll die vorliegende Änderungsverordnung es ermöglichen, dass die Stromerzeugungsanlagen innerhalb eines Übergangszeitraums von drei Jahren auch ohne alle notwendigen Nachweise schon ans Netz angeschlossen werden dürfen. Um die Inbetriebnahme von Solaranlagen zu beschleunigen, dürfen die akkreditierten Zertifizierungsstellen das Anlagenzertifikat nach der Beauftragung durch den Betreiber der PV-Anlage unter der Auflage ausstellen, dass die noch fehlenden Nachweise über die Erfüllung der technischen Anforderungen innerhalb von 18 Monaten nachgereicht werden.

Mittel- und langfristig soll die Prüfung der konkreten Zertifizierungsverfahren im Rahmen der technischen Selbstverwaltung erfolgen. Dazu ist der Aufbau einer zentralen Datenbank mit Einheitenzertifikaten und Komponentendaten geplant. Für entsprechende Schulungen wird derzeit ein leicht handhabbarer Leitfaden entwickelt.

 

Den vorgesehenen Änderungen in der Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung (NELEV) und einer neuen Technische-Anforderungen-Verordnung (TAV) war ein monatelanger Konsultationsprozess vorangegangen, in den neben der Bundesnetzagentur und den Netzbetreibern auch der Bundesverband Solarwirtschaft eingebunden war.

 

Die NELEV-Novellierung sieht vor, dass PV-Anlagen mit einer Anschlussleistung von 135  bis 500 Kilowatt von der Pflicht zum Anlagenzertifikat befreit werden, wenn sie über den Eigenverbrauch hinaus maximal 270 Kilowatt Leistung ins Netz einspeisen. Eine weitere Vereinfachung soll darin bestehen, dass bei diesen Anlagen künftig nicht mehr die aufwändige Mittelspannungsrichtlinie (Netzanschlussregel VDE AR-N 4110) sondern die einfachere Niederspannungsrichtlinie (VDE AR-N 4105) angewendet werden kann – und zwar unabhängig davon, in welcher Spannungsebene der vorhandene Kundenanschluss liegt.

 

„Damit wird eine weitere große Marktbarriere beseitigt”, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft. “Dank der bereits erfolgten Abwägung von Netz- und Solartechnik-Belangen beim Zustandekommen des Kompromisses wird es hoffentlich schnell zu einer Verabschiedung der Verordnungen kommen. Nur mit einer vollständigen Entfesselung und einer schnellen Vervielfachung der Photovoltaik-Nachfrage auch im Gewerbesektor lassen sich die ehrgeizigen Photovoltaik-Ausbauziele der Bundesregierung erreichen.“