Grünes Licht für das Solarspitzen-Gesetz

Der Deutsche Bundestag hat das sogenannte Solarspitzen-Gesetz verabschiedet, das Bestandteil eines energiepolitischen Pakets mit vier Gesetzesinitiativen ist. Dies beinhaltet eine Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen. Durch die neuen gesetzlichen Regelungen sollen Photovoltaik-Anlagen deutlich stärker in den Markt integriert werden, um im Zuge der Energiewende für einen sicheren Betrieb des Stromnetzes zu sorgen. Damit die Solarenergie mehr Verantwortung für das Gesamtsystem übernehmen kann, soll die Flexibilität im Stromsystem erhöht und der Betrieb von Speichern vereinfacht werden.

 

„Die Erneuerbaren werden jetzt erwachsen. Die gemeinsam gefundenen Lösungen sind eine gute Nachricht für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, für die Systemsicherheit und für die Bezahlbarkeit der Stromversorgung“, erklärt Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. „Die Maßnahmen tragen dazu bei, eine sichere, bezahlbare und klimafreundliche Stromversorgung zu gewährleisten.“

Im Zuge des wachsenden Ausbaus der Photovoltaik-Anlagen treten vermehrt temporäre Erzeugungsüberschüsse auf, was dazu führt, dass der Strom nicht mehr zu normalen Preisen nachgefragt, sondern zu negativen Preisen verkauft wird. Da die negativen Preise die Kosten der Förderung der Erneuerbaren Energien erhöhen, erhalten Betreiber neuer Photovoltaikanlagen künftig keine EEG-Vergütung mehr für den Strom, den sie zu Zeiten negativer Börsenstrompreise ins öffentliche Stromnetz einspeisen. Zur Kompensation sollen diese Ausfallstunden nach Auslaufen der 20-jährigen EEG-Förderperiode an die Vertragslaufzeit angehängt werden.

 

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßt diese Neuregelung, da sie dazu beitrage, Stromspitzen und negative Strompreise zu vermeiden und die Energiewende-Kosten zu senken. Aus diesem finanziellen Nachteil lasse sich durch eine intelligente Nutzung und Zwischenspeicherung des selbst erzeugten Solarstroms zu Zeiten negativer Strompreise sogar ein wirtschaftlicher Vorteil generieren. Für bereits bestehende Photovoltaik-Anlagen gelten im Wesentlichen die Anforderungen zum jeweiligen Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Es besteht jedoch die Option, freiwillig in die Neuregelung zu wechseln. Als Anreiz wird den Betreibern von Bestandsanlagen eine Vergütungserhöhung von 0,6 ct/kWh gewährt.

Damit Stromspitzen sich künftig gut handhaben lassen, wird der Rollout von intelligenten Messsystemen (iMSys) und Steuerungstechnik deutlich beschleunigt. Die Grundlage für den Smart-Meter-Rollout bildet das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG), mit dem die beschleunigte Digitalisierung der Energiewende im Sinne einer nachhaltigen Energieversorgung und einer effizienten Netzplanung umgesetzt werden soll. Damit Photovoltaik-Systeme netzdienlich betrieben werden können, startet 2025 der Pflichtrollout. PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von 7 kWp müssen mit einem Smart Meter ausgestattet werden.

 

Die Smart Meter tragen zur Schaffung intelligenter Stromnetze, den sogenannten Smart Grids bei, die es ermöglichen, die gesammelten Verbrauchsdaten in Echtzeit mit den Erzeugungsdaten erneuerbarer Stromerzeuger abzugleichen. Dies erlaubt es, flexibler auf die volatile Stromerzeugung von Wind- oder PV-Anlagen zu reagieren und beispielsweise überschüssig produzierten Solarstrom in Stromspeicher zu leiten. Von der Steuerungspflicht ausgenommen sind Anlagen, die keinen Strom ins Netz einspeisen.

 

Die Entgelte für intelligente Messsysteme und Steuerungstechnik werden angehoben. Für Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 2 kW bis 15 kW steigen die maximal zulässigen Entgelte um 30 Euro pro Jahr und für PV-Anlagen in der Leistungsklasse von 15 kW bis 25 kW um 40 Euro. In dem Segment der PV-Anlagen mit 25 kW bis 100 kW beträgt die Erhöhung 20 Euro pro Jahr. Hinzu kommen Kosten für den Einbau und Betrieb einer Steuerungseinrichtung am Netzanschlusspunkt in Höhe von 50 Euro pro Jahr.

 

Die Anbindung von Anlagen an das Nieder-, Mittel-, Hoch-, und Höchstspannungsnetz sowie deren Betrieb ist in den technischen Anwendungsrichtlinien (VDE Normen) festgelegt. Ab einer Einspeiseleistung von 135 kW sind Anlagenbetreiber verpflichtet, ein Anlagezertifikat vorzuweisen, das durch den Einbau eines EZA-Reglers (Erzeugungsanlage) erfolgen kann. Mit einem EZA-Regler lässt sich die Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien regulieren und somit die Netzstabilität garantieren.

 

Neue Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung unter 100 Kilowatt, die nicht mit einem intelligenten Messystem ausgestattet sind, dürfen nur 60 Prozent ihrer Einspeiseleistung in das Netz einspeisen. Dabei ist die Einspeiseleistung nicht mit der Einspeisemenge gleichzusetzen. Die Reduzierung der maximalen Einspeiseleistung von Photovoltaik-Anlagen zielt darauf ab, dass solare Erzeugungsspitzen nicht ins Stromnetz eingespeist, sondern direkt vor Ort verbraucht oder mit Hilfe von Speichern zeitversetzt ins Netz eingespeist werden. Die flexible Nutzung der Speicher ermöglicht auch eine Teilnahme am Stromhandel und Systemdienstleistungen. Voraussetzung dafür ist, dass die Anlagen in der Direktvermarktung betrieben werden.

 

„Es lag mehr auf dem Tisch, dennoch sichert das Paket wichtige Errungenschaften dieser Legislatur im Bereich der Erneuerbaren Energien ab“, resümiert Robert Habeck. „Die gemeinsam gefundenen Lösungen sind eine gute Nachricht für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, für die Systemsicherheit und für die Bezahlbarkeit der Stromversorgung.“ Auch die CDU/CSU hält die Vermeidung von Erzeugungsüberschüssen für einen wichtigen Schritt für die Integration von Erneuerbaren Energien, da die Belastungen des Stromnetzes und die EEG-Kosten steigen würden. Eine neue Regierung müsse aber noch nacharbeiten. Die Fraktion teilt die Sicherheitsbedenken zu einer potenziell unsicheren Fernsteuerung von Wechselrichtern über eine Cloud der Hersteller, über die nicht vertrauenswürdige Hersteller direkten Zugriff auf eine große Zahl von Geräten im europäischen Verbundnetz erhalten würden.