Studie: Niedrigere Stromkosten durch höhere Wind- und Solarkraftkapazitäten

Aufgrund der deutlich gestiegenen Strompreise in den letzten Monaten haben die unabhängigen Energiemarktexperten von Energy Brainpool im Auftrag des Unternehmens GP Joule ermittelt, wo der Marktpreis pro Kilowattstunde gelegen hätte, wenn 20 Gigawatt (GW) mehr Windenergie an Land und 30 GW weitere Solarenergie installiert gewesen wären.

 

In dieser Kurzstudie zeigen die Autoren auf, dass 50 Gigawatt mehr Wind- und Solarstrom am Netz im August 2022 zu einem acht Cent niedrigeren Preis pro Kilowattstunde am Day-Ahead-Markt geführt hätte. Während eine Megawattstunde (MWh) am Day-Ahead-Markt in Deutschland im September 2021 noch rund 128 Euro gekostet hatte, lag der Preis pro Megawattstunde im August 2022 bei über 465 Euro. Zu den Ursachen der exorbitanten Preissteigerungen gehören die gesunkene Erdgasversorgung aufgrund des Russlands Krieg in der Ukraine sowie der Ausfälle französischer Atomkraftwerke.

 

Höhere Wind- und Solarkraftkapazitäten hätten im Untersuchungszeitraum zwischen September 2021 und August 2022 zu einer erheblichen Senkung der Strompreise in der Größenordnung zwischen 12 bis 24 Prozent geführt. „Der Effekt auf die gesamte Volkswirtschaft ist immens“, konstatieren die Autor*innen der Studie. Der monatliche Preisrückgang hätte sich im Schnitt auf 37 Euro pro MWh belaufen.

Bei einer zusätzlich installierten Wind- und Solarleistung von 50 GW wären die Stromkosten in Deutschland im Zeitraum von September 2021 bis August 2022 um 19,3 bis 19,7 Milliarden Euro niedriger ausgefallen.

Mehr Erzeugung von Strom aus Wind- und Sonnenenergie ist auch ein Gewinn für den Klimaschutz. Mit dieser zusätzlichen Leistung von Erneuerbaren Energien hätten acht Terawattstunden (TWh) Strom aus Erdgas,15 TWh aus Braunkohle und 16 TWh aus Steinkohle ersetzt werden können.

 

Um die angestrebten Ziele des Klimaschutzgesetzes zu erreichen, wird im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine Steigerung der installierten Leistung von Windenergieanlagen an Land von derzeit 56 Gigawatt (GW) auf 69 GW im Jahr 2024 angestrebt. Dies erfordert den Zubau von rund 2.600 Windenergieanlagen der 5-Megawatt-Klasse. Im Jahr 2021 sind in Deutschland insgesamt 484  neue Windkraftanlagen errichtet worden.

Den stark rückläufigen Zubau von Windenergieanlagen führt Dipl-Ing. Jens Heidorn, Vorstandsmitglied im Bundesverband Windenergie, auf die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen im Zuge der EEG-Novelle 2017 zurück, durch die sich die Planung und Errichtung der Anlagen kaum noch wirtschaftlich gestalte. „Alle Anlagen die nach 2016 genehmigt wurden, mussten sich in einem Ausschreibungsverfahren um einen Strompreis bewerben“, erklärt der Windenergie-Experte. Gleichzeitig sei der Zubau auf 2.800 MW pro Jahr gedeckelt und ein Höchstgebotswert definiert worden.

 

Darüber hinaus wurde eine neue Regelung eingeführt, nach der bei negativen Strompreisen an der Börse an sechs aufeinander folgenden Stunden kein Vergütungsanspruch mehr besteht, was Projektentwickler bei ihrer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung berücksichtigen. Die Konsequenz sei, dass sich viele Akteure aus diesem Markt zurückgezogen hätten und das Volumen bei den EEG-Ausschreibungsmengen in den Jahren 2018 bis 2021 deutlich unterzeichnet war. Dieser Trend hat sich auch 2022 fortgesetzt, obwohl das Volumen für Ausschreibungen wieder angehoben worden ist.

Um an dem Ausschreibungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) teilnehmen zu können, sind zahlreiche Gutachten erforderlich, die Investitionen in der Größenordnung von 200.000 Euro erforderten. Deshalb überlegten es sich die Projektentwickler sehr genau, ob sich dieser finanzielle Aufwand für die Teilnahme an einer Ausschreibung lohne, bei der offen sei, ob sie überhaupt einen Zuschlag erhielten und – falls dies der Fall sei – zu welchem Preis. Diese Rahmenbedingungen haben in den letzten Jahren zu einem dramatischen Einbruch bei den Genehmigungszahlen und der Errichtung von Windenergieanlagen geführt.

 

„Erneuerbare Energien haben eigentlich einen großen Kostenvorteil“, betont der Dipl-Ing. Jens Heidorn, „aber für die fossilen und atomaren Energieträger ist nie eine volkswirtschaftliche Bewertung vorgenommen worden.“ Nicht nur die Erzeugungskosten von Wind- und Solarstrom seien wesentlich niedriger als die Stromerzeugung aus fossilen und atomaren Quellen, sondern vor allem die Folgekosten. Dies belegt unter anderem ein vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE erstelltes Gutachten zu den Stromgestehungskosten.