Cineplex Vilsbiburg deckt gesamten Heiz- und Kühlbedarf ohne fossile Brennstoffe
Best Practice-Beispiel
Im Cineplex Vilsbiburg ist die Wärmewende erfolgreich umgesetzt worden. Dank der Modernisierung seiner Lüftungs- und Klimatechnik kann das 7-Saal/600-Sitzplätze-Miniplexkino mit 2.400 qm Kinofläche komplett auf den Betrieb seines 240 kW leistungsstarken Gaskessels verzichten. Die Vernetzung der Heizungs-, Klima- und Lüftungssysteme, die überwiegend mit selbst erzeugtem Photovoltaik-Strom betrieben werden, ermöglicht es, den gesamten Heiz- und Kühlbedarf ohne fossile Brennstoffe zu decken. Damit geht eine Vermeidung von rund 22 Tonnen CO2 im Jahr einher. „Unser Gasverbrauch belief sich auf ca. 200.000 kWh im Jahr“, sagt Andreas Fläxl, Geschäftsführer des Cineplex Vilsbiburg, „womit jährliche Kosten in Höhe von rund 30.000 Euro verbunden waren.“
In Anbetracht der voraussichtlich weiterhin steigenden Betriebskosten für Gas und Strom war die Klimatechnik des 1994 erbauten Cineplex Kinos in Vilsbiburg nicht mehr zeitgemäß. Die Anforderungen an das neue Energiekonzept für das Gebäude sahen vor, nicht nur auf fossile Energieträger zu verzichten, sondern im Rahmen einer Elektrifizierung möglichst viel regenerative Umweltenergie zu nutzen. Zu diesem Zweck wurde neben dem Umbau des Heizsystems auf Luft/Wasser-Wärmepumpen die Photovoltaik-Anlage erweitert und ein Batteriespeicher eingebaut. Zur Beheizung der Säle im Winter wird die Abwärme der Projektoren gezielt in die Rohrleitungen der Saalabluft von den Lüftungswärmetauschern eingeführt. Die dafür erforderlichen Rohrleitungen gibt es schon seit 1994.
Durch die Modernisierung der Lüftungs- und Klimatechnik ist das Cineplex-Kino in Vilsbiburg zu rund 50 Prozent energieautark und kann im Sommer zu rund 85 Prozent autark vom Stromnetz betrieben werden. Mit der auf dem Dach und an der Fassade befindlichen Photovoltaik-Anlage, die über eine Süd-, Ost- und Westausrichtung verfügt, wird überwiegend am Morgen und am Mittag Solarstrom erzeugt. Nach der im August 2024 vorgenommenen Erweiterung auf dem Flachdach und an der Ostfassade beläuft sich die installierte Leistung auf insgesamt 160,6 kWp.
Im Zeitraum von Anfang August bis Ende Dezember 2024 wurden mit der PV-Anlage 72.000 kWh produziert. Der nicht benötigte PV-Strom wird in einem 160 kWh Lithium-Ionen-Speicher vorgehalten, der über eine hohe Energiedichte verfügt. Gemäß den Brandschutzvorschriften ist der neue Batteriespeicher in einem separaten Technikraum aufgestellt, der mit der Feuerwiderstandsklasse F90 optimalen Brandschutz bietet.
Mit dem selbst erzeugten Photovoltaik-Strom werden fünf parallel geschaltete Luft/Wasser-Wärmepumpen betrieben, welche mit der Wärme der Umgebungsluft Warm- bzw. Kaltwasser für die Lüftungsanlagen sowie für die Heizkreisläufe erzeugen. „Die Vorlauftemperaturen der Lüftungsanlagen müssen nicht mit 70 Grad laufen“, betont der Cineplex-Geschäftsführer. „Wir haben aktuell 40 Grad eingestellt und keine Probleme.“ Die Wärmeerzeugung wird in zwei 1.600 Liter fassenden Warmwasserspeichern gepuffert. Zur Speicherung der Kälte dient ein 1.000 Liter-Kaltwasser-Tank. Die Pufferspeicher ermöglichen es, den Wärmeverbrauch zeitlich von der Wärmeerzeugung zu entkoppeln.
Die Wärmepumpen verfügen über eine Heizleistung von 75 kW und eine Kühlleistung von 50 kW. „Die Heizungsbauer und Energieberater neigen zu viel zu hohen Heizleistungen“, erklärt Andreas Fläxl. „Der Heizlastbedarf wird nach DIN berechnet und ist um ein Vielfaches höher als in der Realität benötigt wird. Die Heizungen werden auf die zwei, drei Nächte im Jahr ausgelegt, in denen die Temperatur unter minus 10 Grad liegt.“
Den Wärmebedarfsberechnungen nach der DIN EN 12831 zufolge beläuft sich die Heizlast für das gesamte Kinogebäude auf 170 kW. Durch die Einbeziehung der internen Wärmequellen des Kino- und Restaurant-Traktes sowie der Abwärme der Besucher und der technischen Geräte in die aktuelle Berechnung ist die Heizlast um mehr als die Hälfte auf 80 kW reduziert worden.
Da die elektrischen Heizstäbe in den Wärmepumpen lediglich zur Wärmeerzeugung in kritischen Fällen dienen, kommen sie nur zum Einsatz, wenn die Außentemperaturen drei Tage in Folge weniger als minus 13 °C betragen. In Zeiten mit geringem Wärmebedarf schalten sich nicht benötigte Wärmepumpen herunter bzw. aus. Durch diesen hocheffizienten Teillastbetrieb verringert sich entsprechend ihr Strombedarf. Der COP-Wert (Coefficient of Performance), der das Verhältnis des eingesetzten Stroms zur daraus erzeugten Wärme angibt, liegt aktuell bei 4,5 im Heizbetrieb und bei 5,0 im Kühlbetrieb.
Wir haben den Strombedarf der einzelnen Wärmepumpen nach Betriebsbeginn stufenweise heruntergefahren, so dass wir über das Jahr eine geringe Spitzenlast haben, die vom Stromlieferanten separat mit einer Gebühr belegt wird. Die anfangs bis zu 70kW in der Spitze durch die Heizung sind mittlerweile auf 30kW gedrückt.Andreas Fläxl. Geschäftsführer, Cineplex Vilsbiburg
Zum Energiekonzept im Cineplex Vilsbiburg gehörte zudem die Modernisierung der Lüftungstechnik, dank der sich die Ventilatormotoren der Bestandsgeräte stufenlos über CO2-Sensoren in den zu klimatisierenden Räumen regeln lassen. Insgesamt neun Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung versorgen sowohl sieben Kinosäle als auch das großzügige Foyer mit Indoor-Spielplatz sowie einen Event- und Arbeits-Bereich mit frischer Luft.
Die Wärmerückgewinnung erfolgt über Aluminium-Kreuzstrom-Plattenwärmetauscher, die einen Wirkungsgrad um die 70 Prozent besitzen. Das ist die Bauweise, die in den 1990er Jahren üblich war. Die Lüftungsgeräte verfügen über eine Luftleistung zwischen 1.800 und 5.000 m3/h. Um die Zuluft optimal im Raum zu verteilen, sind hinter den Leinwänden sowie im Boden vor den Leinwänden Kompakt-Lüftungsgeräte eingebaut worden, die für eine bedarfsgerechte Temperierung der Zuluft im Kinosaal sorgen.
Die Stromerzeugungsdaten der Photovoltaik-Anlage und Strommengen im Speicher sowie die Leistungs- und Temperaturdaten von Wärmepumpe und Lüftung werden zentral auf einem Server gespeichert. Für eine bedarfsgerechte Steuerung, die auf der Grundlage der miteinander vernetzten Photovoltaik-, Lüftungs- und Klima-Komponenten erfolgt, gab es keine fertige Softwarelösung auf dem Markt.
„Die Home-Server wurden durch den Lüftungs- und Heizungsbauer eigens für uns programmiert und auf die Notwendigkeiten des Hauses abgestimmt“, berichtet Andreas Fläxl. Auf Basis der hinterlegten Heiz- und Kühlkurven sowie der aktuellen Daten der CO2-Sensoren entscheidet die Steuerung, wann erwärmte Luft in die Kinosäle geführt wird, um ein angenehmes Raumklima zu schaffen.
Die förderfähigen Kosten für die Erweiterung der Photovoltaik-Anlage mit Speicher, die Wärmepumpe mit Klimatisierung und Lüftungssteuerung sowie für die Installation von LED-Licht im Foyer und den Umbau aller sieben Projektoren mittels Laser-Retrofit beliefen sich auf knapp 700.000 Euro. Für diese Investitionen sind Zuschüsse von fast 400.000 Euro durch PKF Fördergelder, das Zukunftsprogramm Kino und das BAFA gewährt worden.