Die praktische Umsetzung der Mehrwegangebotspflicht

Die Einführung der Mehrwegangebotspflicht stellt Kinobetreiber*innen vor neue Herausforderungen. Wie alle gastronomischen Betriebe sind auch Filmtheater ab dem 1. Januar 2023 dazu verpflichtet, den Gästen als Alternative für kunststoffhaltige Einwegverpackungen eine Mehrweglösung anzubieten. Bei dem Online-Seminar Mehr Mehrweg, zu dem HDF Kino und Grünes Kino eingeladen hatten, erläuterte Eske Roggen, Referentin für Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen und Wertstoffrückgewinnung im Bundesumweltministerium, die gesetzlichen Rahmenbedingungen.

 

Mit der Mehrwegangebotspflicht, die im Verpackungsgesetz (VerpackG §33) geregelt ist, werden in Deutschland die Vorgaben aus der europäischen Einwegkunststoffrichtlinie umgesetzt. Das Ziel ist, den Verbrauch von Einwegkunststoffverpackungen signifikant zu mindern. Zu diesem Zweck sind die Kinos gefordert, gut sichtbar auf die Mehrwegalternative hinzuweisen. Zudem darf die Ware in einer Mehrwegverpackung nicht zu einem höheren Preis angeboten werden. In kleineren Betrieben ist auch die Befüllung mitgebrachter Mehrwegbehältnisse möglich.

 

Im Mathäser Filmpalast in München ist die komplette Umstellung auf Mehrwegbecher bereits im Dezember 2021 erfolgt. Für Getränke in den Größen 0,3l, 0,5l, 0,75l und 1,0l werden dort 0,5l und 1.0l-Mehrwegbecher verwendet. Insgesamt werden im Mathäser mehr als 38.000 Mehrwegbecher vorgehalten, von denen im Schnitt über ein Drittel zur Reinigung abgeholt wird. Damit die Kinobesucher*innen die Becher zurückgeben, hat die Kinopolis-Kinokette Rückgabestationen anfertigen lassen, die sowohl ein Becken zum Entleeren der Restflüssigkeit als auch separate Fächer für rund 120 große und kleine Becher sowie für Deckel und Trinkhalme besitzen. „Die Rückgabestationen funktionieren gut bei moderater Besucherfrequenz in kleineren bis mittleren Häusern“, berichtet Ulrike Silberbach, Theaterleiterin im Mathäser Filmpalast.

Im Cineplex Capitol in Kassel sind ebenfalls bereits Mehrwegbecher in 0,5l und 1.0l-Größen von der Firma Mehrwegkonzepte im Einsatz, die jede Woche per LKW zum Spülen nach Bad Mergentheim transportiert werden. Zu den Herausforderungen im Kino gehört dem Publikum zu vermitteln, dass die Mehrwegbecher weder im Abfalleimer entsorgt noch mit nach draußen genommen werden sollen. „Wir bitten die Besucher*innen, die Mehrwegbecher einfach an ihrem Platz stehen zu lassen“, sagt Laura Kölsch, Junior Managerin für Organisation und Marketing. Um ein Mitnehmen der Becher zu verhindern, sind an den Ausgangstüren große Hinweisschilder mit dem Claim „Lass mich hier!“ angebracht.

 

Für den Kinobetreiber Claus Wollenschläger, der in vierter Generation das Central Filmtheater in Ludwigsburg betreibt, gehören Mehrwegkonzepte zur Tradition des Hauses. Neben Getränken in Mehrwegflaschen werden dort nun auch Nachos und Popcorn in wiederverwendbaren Schälchen angeboten. Die spülmaschinenfesten Becher und Schälchen, die das Start-up CircOn zum Testen zur Verfügung stellt, bestehen aus Styrol-Acrylnitril-Copolymeren (SAN). Die benutzten Schälchen können die Gäste nach Gebrauch auf Edelstahltischen im Foyer abstellen. „Wir haben die Abfalleimer im Central Filmtheater abgeschafft“, berichtet Claus Wollenschläger. Um die Sortierung des Abfalls in die Fraktionen Papier, Leichtverpackung, Bio- und Restmüll kümmern sich die Mitarbeitenden.

 

Die Firma Mehrwegkonzepte bietet Kinos sowohl Mehrwegbecher als auch eine Spüllösung an, die neben der professionellen Reinigung die Abholung und Rückführung der Mehrwegbecher beinhaltet. Das Unternehmen beliefert rund 150 Kunden, die drei Millionen Becher im Umlauf haben. Die Mehrwegbecher, die in den Größen 0,5l und 1,0l lieferbar sind, können von den Kinos gemietet oder erworben werden. Zu den BPA-freien Mehrwegbechern werden bei Bedarf auch wiederverwendbare Getränkedeckel geliefert. Darüber hinaus bietet Mehrwegbecherkonzepte Rücknahmekonzepte an, die individuell dem Design im Kino angepasst werden können. Neben dem Spülzentrum in Bad Mergentheim sind weitere Standorte geplant. „Unser Ziel ist eine deutschlandweite Spüldienstleistung mit kurzen Transportwegen“, betont Sven Döding, geschäftsführender Gesellschafter der Mehrwegkonzepte Service GmbH.