Ein Ampelsystem für die Innenraum­lufthygiene

Um einen bundesweit einheitlichen Hygienestandard für die Qualität der Lüftung in Kinos, Theatern und Konzertsälen zu schaffen, sind Empfehlungen zur Lufthygiene für den Kulturbetrieb erarbeitet worden. An diesem Projekt, das auf Initiative der Staatsministerin für Kultur und Medien entstanden ist, waren Wissenschaftler*innen verschiedener Fachrichtungen, Vertreter*innen vom Umweltbundesamt sowie Betreiberi*nnen von Kultureinrichtungen beteiligt.

 

„Die Empfehlungen tragen dazu bei, dass vorbildliche Hygiene bei zukünftigen Schutzmaßnahmen stärker berücksichtigt wird und pauschale Schließungen von Kultureinrichtungen vermieden werden“, erklärt die Staatsministerin Claudia Roth. „Damit können wir auch dem Publikum zeigen, dass der Besuch in Kinos, Theatern und Konzertsälen sicher ist. So leisten wir zugleich einen Beitrag zur nachhaltigen Erholung und wirtschaftlichen Stabilisierung des Kulturbetriebs.“

 

Dank der Entwicklung eines Ampelsystems mit entsprechenden Empfehlungen sind flexible Anpassungen an das Infektionsgeschehen möglich. „Es gibt in der Kulturbranche bereits jetzt eine Vielzahl von Vorgaben sowohl zu Innenraumlufthygiene als auch zu anderen präventiven Maßnahmen wie Maske tragen, Abstand und Zugangsregelungen“, konstatiert Dr. Heinz-Jörn Moriske, Direktor und Professor am Umweltbundesamt. „Was bis jetzt fehlte, war eine einheitliche Vorgehensweise, die zum einen wissenschaftsbasiert einen möglichst umfassenden Schutz beim Besuch von Kultureinrichtungen bietet und zum anderen dem anwesenden Publikum auch ein sicheres Gefühl vermittelt, wieder ins Theater oder Kino zu gehen.“

Die Betreiber*innen von Kultureinrichtungen erhalten durch die Empfehlungen mehr Klarheit bei der Festlegung und Kontrolle von Maßnahmen vor Ort. Dazu zählen eine Anpassung des personenbezogenen Luftvolumenstroms von RLT-Anlagen, häufigere Filterwechsel, größere Abstände sowie Maskenpflicht.  Zudem soll mit den Maßnahmen auch in der normalen Betriebssituation eine gute Raumluftqualität erreicht werden. Der CO2-Gehalt in der Abluft sollte nicht über 1.000 ppm liegen. Der personenwirksame Volumenstrom sollte sich im Normalbetrieb an einem Richtwert bis ca. 20 m3/Person/h orientieren.  Angesichts der Infektiosität des COVID-19-Virus wird ein Lufterneuerungsbedarf beziehungsweise Luftreinigungsbedarf von ca. 25-35 m3/Person/h empfohlen.

 

Während Kinosäle oftmals mit einer leistungsstarken Lüftungsanlage ausgestattet sind, erfolgt im Foyer in der Regel keine technische Lüftung. Um das Infektionsrisiko während des Veranstaltungsbesuches zu minimieren, wird die Belüftung eines Foyers durch Überströmung empfohlen. Dabei wird die Abluftanlage vom Saal in der Vorstellungspause maximal reduziert oder abgeschaltet. Die dadurch entstandene überschüssige Zuluft strömt über die geöffneten Türen in das Foyer und kann von dort über geöffnete Fenster nach außen geführt werden. Das Konzept einer Überströmung zur Lüftung des Foyers, das Experten der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft (DTHG) entwickelt haben, wird während der Veranstaltungspausen im Friedrichstadt-Palast eingesetzt.

Die lufthygienische Maßnahmen zur Reduktion von Infektionsrisiken müssen in Anbetracht der aktuellen Pandemiesituation mit der Einhaltung grundlegender Hygieneaspekte wie Abstandhalten, Tragen von Masken sowie Zutrittsbeschränkungen wie 2G und 3G kombiniert werden.

 

Eine Software, mit der sich der CO2-Gehalt der Raumluft im laufenden Betrieb messen lässt, kann Hinweise geben, wie wirksam die bereits eingeleiteten lufthygienischen Maßnahmen in der weiteren Pandemie sind. Zusätzlich zu lufthygienischen Maßnahmen können Hygienerahmenpläne greifen, die beispielsweise auf eine Begrenzung der Anzahl der gleichzeitig anwesenden Personen im Raum, mehr Abstand untereinander oder eine weitere Erhöhung des Luftaustausches abzielen.

 

Da Kinos einen nicht unerheblichen Teil der Einnahmen durch Verkauf und Vor-Ort-Verzehr von Speisen und Getränken generieren, wäre das dauerhafte Tragen von Masken am Sitzplatz für den Betriebsablauf sehr hinderlich. „Dies muss dann im Einzelfall durch größere Abstände kompensiert werden“, lautet die Empfehlung.

Als Zielvorgabe dienen jeweils die innenraumlufthygienischen Vorgaben des Umweltbundesamts für gute Innenraumluft (Zielwert 1000 ppm) sowie die verschärften Zusatzanforderungen bei Pandemien (Zielwert 800 ppm).