EU-Kommission präsentiert das Fit for 55-Klimaschutzpaket

Mit dem Gesetzespaket Fit for 55 will die Europäische Kommission die Klima- und Energiegesetze anpassen, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Die CO2-Emissionen sollen in der EU bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 1990 reduziert werden. Um die im Rahmen des europäischen Green Deals angestrebte Dekarbonisierung umsetzen zu können, hat die Kommission ein Bündel neuer Gesetzesvorschläge sowie Änderungen bestehender EU-Richtlinien präsentiert. Zunächst müssen das EU-Parlament und der EU-Rat diesen Gesetzesreformen zustimmen.

 

„Der europäische Green Deal ist unsere Wachstumsstrategie in Richtung dekarbonisierte Wirtschaft”, erklärt die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Europa hat als erster Kontinent angekündigt, bis 2050 klimaneutral zu sein, und nun sind wir ebenfalls die Ersten, die einen konkreten Plan vorlegen.” Die anvisierten Gesetzesnovellierungen, Maßnahmen und Marktinstrumente betreffen alle relevanten Sektoren wie Energie, Gebäude und Verkehr und sind somit auch direkt oder indirekt maßgeblich für den Kinobetrieb.

 

Da die günstigste und sauberste Energie die Energie ist, die gar nicht erst verbraucht wird, plant die Kommission Energieeffizienz an erster Stelle im EU-Recht zu verankern und die Energieeffizienzrichtlinie entsprechend zu überarbeiten. Durch einen geringeren Energieverbrauch lassen sich sowohl die Energiekosten als auch Kosten des ökologischen Wandels und des Ressourcenverbrauchs senken.

 

Der Energieeffizienzrichtlinie zufolge sind die Mitgliedstaaten gefordert, ihren Energieverbrauch bis 2030 gegenüber dem Referenzszenario von 2020 um mindestens neun Prozent zu reduzieren. Laut Klimazielplan soll der Endenergieverbrauch, der die von den Endverbrauchern verbrauchte Energie bezeichnet, bis 2030 um 36 Prozent gegenüber 2020 vermindert werden. Der Primärenergieverbrauch, der zudem den Energieverbrauch für die Erzeugung und Lieferung von Energie umfasst, soll bis 2030 um 39 Prozent sinken.

Einen Löwenanteil von 40 Prozent der in der EU genutzten Energie verbrauchen Gebäude, die damit rund 36 Prozent der energiebedingten Emissionen verursachen. Etwa 80 Prozent des Energieverbrauchs von Gebäuden entfallen auf die Wärme- und Kälteversorgung, der Rest auf Beleuchtung und Elektrogeräte. Mehr als drei Viertel der in Gebäuden verbrauchten Energie stammt nach wie vor aus fossilen Brennstoffen. Um diese Situation zu verbessern, plant die Kommission die Erneuerbare-Energien-Richtlinie zu überarbeiten und mit gezielten Maßnahmen die Systeme zur Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden auf erneuerbare Energien umzustellen.

 

In Gebäuden soll der Anteil der genutzten erneuerbaren Energien bis 2030 mindestens 49 Prozent betragen, was durch die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen, Wärme- und Kälteversorgung über Wärmepumpen oder auch durch Fernwärme und Fernkälte erreicht werden kann. Die Kommission will außerdem bis Ende des Jahres eine Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vorschlagen.

 

Da auf den Energiesektor 75 Prozent der Treibhausgasemissionen der EU entfallen, sind die Einsparung durch Energieeffizienzmaßnahmen und der massive Ausbau erneuerbarer Energien von entscheidender Bedeutung für die Dekarbonisierung der Wirtschaft. Dies gilt sowohl für den Gebäudesektor als auch die Industrie, den Verkehrsbereich oder andere Sektoren. Beide Maßnahmen tragen dazu bei, direkt die Emissionen, die Luftverschmutzung und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.

 

Der Anteil erneuerbarer Energien soll bis 2030 EU-weit von 32 Prozent auf 40 Prozent angehoben werden. Die CO2-Reduktionsziele werden anhand des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Mitgliedstaaten bemessen. Danach muss Deutschland bis 2030 das verbindliche Reduktionsziel von 50 Prozent erreichen. Um weitere Anreize für den Übergang zu erneuerbaren Energien zu schaffen, soll zudem die 2003 in Kraft getretene EU-Energiebesteuerungsrichtlinie im Rahmen des EU-Klimapakets novelliert werden.

Kraft- und Heizstoffe sowie elektrischer Strom sollen in der EU künftig entsprechend ihren Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit besteuert werden.

Überholte Steuerbefreiungen und Anreize für die Nutzung fossiler Brennstoffe sollen abgeschafft und stattdessen saubere Technologien gefördert werden. Bislang sind Kerosin, das als Kraftstoff in der Luftfahrt genutzt wird, und das in der Seeschifffahrt verwendete Schweröl für Reisen innerhalb der EU von der Energiesteuer befreit. Für diese Kraftstoffe sollen künftig  Mindeststeuersätze gelten, die über einen Zeitraum von zehn Jahren schrittweise angehoben werden, während die Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe durch einen verbindlichen Nullsatz gefördert wird.

 

Um sowohl bei der Nutzung von Kraftstoffen als auch bei der Verwendung für Heizzwecke Anreize zum Einsatz weniger umweltschädlicher Kraft- und Brennstoffe zu schaffen, sollen im Rahmen der Energiebesteuerungsrichtlinie neue Mindestsätze für konventionelle fossile Energieträger wie Gasöl, Benzin, Erdgas, Flüssiggas sowie nicht erneuerbare Brennstoffe nicht biogenen Ursprungs festgelegt werden.

 

Ab 2023 wird zudem ein CO2-Grenzausgleichssystem für die Stromerzeugung sowie für Eisen, Stahl, Zement, Aluminium und Düngemittel eingeführt, damit CO2-intensive Produktionskapazitäten nicht aus Europa abwandern. Das Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) soll für einen Ausgleich des CO2-Preises zwischen einheimischen Produkten und Einfuhren sorgen. Um die reibungslose Einführung und den Dialog mit Drittländern zu erleichtern, gilt zunächst eine Berichterstattungspflicht.

 

Ab 2026 sind die Importeure gefordert, Zertifikate zu erwerben, die dem CO2-Preis entsprechen, welcher bei der Herstellung der Produkte mit einer CO2-Bepreisung nach EU-Regeln entstanden wäre. Der Preis der CBAM-Zertifikate in Euro je Tonne emittiertes CO2 wird an den Auktionspreis des europäischen Emissionshandelssystems (EHS) geknüpft.