Grünes Licht für den Ausbau der Fern- und Nahwärmenetze

Mit dem Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG), das gemeinsam mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt, soll der Ausbau der Fern- und Nahwärme sowie die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung vorangetrieben werden. Das Wärmeplanungsgesetz verpflichtet die Länder dazu, dass die Kommunen Pläne für eine flächendeckende Wärmeversorgung erstellen.

 

Ziel des Wärmeplanungsgesetzes ist es, die Planungs- und Investitionssicherheit der Akteure vor Ort zu verbessern und die Entwicklung der Energieinfrastrukturen in Hinblick auf die Wärmeversorgung zu steuern. Dazu gehört die Ausweisung von Wärmeversorgungsgebieten, um darzustellen, welche Wärmeversorgungsart für ein Gemeindegebiet besonders geeignet ist. Die Basis dafür bilden eine Bestandsanalyse der bestehenden Wärmeversorgung sowie eine Potenzialanalyse.

 

Großstädte müssen bis zum 30. Juni 2026 und Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohner*innen bis zum 30. Juni 2028 eine Wärmeplanung vornehmen, ob voraussichtlich ein Anschluss an das Fernwärmenetz in einem Gebiet möglich sein wird, ob die Wärmeversorgung dezentral durch Wärmepumpen erfolgen oder das Gasnetz auf Wasserstoff umgerüstet werden soll. Eigentümer*innen, die einen Umstieg auf Erneuerbares Heizen anstreben, erhalten dadurch Planungssicherheit, ob sie das Angebot einer zentralen Wärmeversorgung nutzen können oder auf eine andere technische Lösung setzen müssen.

 

Das Gebäudeenergiegesetz, das ab dem 1. Januar 2024 einen Anteil von 65 Prozent Erneuerbarer Energien in neu eingebauten Heizungen vorschreibt, greift nur für Neubauten in Neubaugebieten. Für bestehende Gebäude und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten gelten längere Übergangsfristen. In Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohner*innen dürfen ab dem 1. Juli 2026 nur noch neue Heizungen eingebaut werden, die überwiegend mit klimaschonenden Energien betrieben werden. In kleineren Städten gilt diese Regelung ab dem 1. Juli 2028. Diese Fristen können vorher wirksam werden, sofern die Kommunen bereits ein Wärmenetz für ein Gebiet ausgewiesen haben.

Neben dem Gebäudeenergiegesetz, das auf die Umstellung der dezentralen Wärmeversorgung von Gebäuden auf Erneuerbare Energien abzielt, dient das Wärmeplanungsgesetz als ein weiterer Baustein zur Umsetzung der Wärmewende, denn auch die Wärmenetze müssen künftig mit einem Anteil aus Erneuerbaren Energien gespeist werden. Das Wärmeplanungsgesetz sieht für neue Wärmenetze ab dem 1. März 2025 einen Anteil von 65 Prozent Erneuerbarer Energie vor. Bis 2030 müssen Wärmenetze zu 30 Prozent mit Wärme aus Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme gespeist werden. Ab dem Jahr 2040 steigt dieser Anteil auf 80 Prozent.

 

Als unvermeidbare Abwärme definiert wird dabei auch die Abwärme aus der thermischen Abfallbehandlung der Müllverbrennungsanlagen. Bislang ist die Fernwärme in Deutschland noch durch fossile Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen geprägt, die zu 22 Prozent auf Basis von Kohle, und zu 44 Prozent auf Basis von Gas betrieben werden. Laut Koalitionsvertrag soll der Anteil der klimaneutralen Wärme in Deutschland bis 2030 auf 50 Prozent gesteigert werden.

 

Die größte Aufgabe bei der praktischen Umsetzung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung sieht der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) im Aus- und Umbau der notwendigen Netzinfrastrukturen. „Wenn wir erst dann mit dem Ausbau der Infrastrukturen beginnen, wenn die Wärmeplanung abgeschlossen ist, verlieren wir wertvolle Zeit“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Deshalb müssen die regionalen Netzbetreiber von Anfang an eng in die Planung der Kommunen einbezogen werden.“ Die enormen Infrastrukturinvestitionen, die für die Wärmewende notwendig sind, erforderten Planungssicherheit und eine finanzielle Absicherung. Ein entsprechender Förderrahmen würde nicht nur den Netzbetreibern die notwendigen Investitionen ermöglichen, sondern sei auch wichtig, um die Wärmewende für die Kund*innen bezahlbar zu gestalten.

 

Fernwärme bietet die Chance, dicht besiedelte Gebiete mit kostengünstiger Wärme zu versorgen. Die Europäische Union plant, den Zugang zu den Fernwärmenetzen für Drittanbieter erneuerbarer Wärme und Abwärme zu verbessern. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) hat im Auftrag der European Climate Foundation (ECF) gemeinsam mit dem Öko-Institut und dem Hamburg-Institut in der Studie Regulatorische Modelle für eine klimaneutrale Fernwärme in Deutschland untersucht, wie sich der Drittzugang zukünftig regeln ließe.

Mit Wärmenetzen können viele klimafreundliche Wärmepotenziale überhaupt erst in großem Umfang nutzbar gemacht werden, insbesondere die der Solar- und Geothermie, aber auch der unvermeidbaren Abwärme beispielsweise von Industriebetrieben und Rechenzentren. Kristina Haverkamp, Geschäftsführerin der dena (Deutsche Energie-Agentur)

Aufgrund der lokalen Spezifika von Fernwärmenetzen sei eine enge Verzahnung mit dem Prozess der kommunalen Wärmeplanung erforderlich. Erschließbare Wärmequellen müssten bereits in der Potenzialanalyse der Wärmeplanung identifiziert und in die Maßnahmenplanung integriert werden. Dabei müsse auch bewertet werden, welche Energieerzeuger technisch, wirtschaftlich und sozial verträglich für die Einspeisung in ein Wärmenetz geeignet sind. Im Gegensatz zum Strom- und Gassektor sei der Fernwärmesektor ein lokaler Monopolmarkt mit unzureichender Transparenz. Zwar gibt es bestehende Regelungen für den Fall einer Preisanpassung, doch sind die Preise und die zu Grunde liegenden Kosten weitgehend intransparent. Auch in Bezug auf die CO2-Emissionen aus der Fernwärmeversorgung fehle es an Transparenz.

 

Um erstmals eine Übersicht zu gewerblichen Abwärmepotenzialen in Deutschland zu erhalten und diese Abwärme nutzbar machen zu können, sollen die Abwärmedaten von Unternehmen mit einem Gesamtenergieverbrauch von mehr als 2,5 Gigawattstunden pro Jahr auf einer öffentlichen Plattform bereitgestellt und für Unternehmen vor Ort sichtbar gemacht werden. Die Einrichtung einer Plattform für Abwärme erfolgt im Rahmen des das Energieeffizienzgesetzes (EnEfG), das am 18. November 2023 in Kraft getreten ist. Die Plattform für Abwärme wird gemäß §17 Abs. 2 EnEfG durch die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) umgesetzt.