Klimafreundliche Fertigung von Klima- und Lüftungsanlagen
Der Einsatz von Lüftungsanlagen stellt in Zeiten der Pandemie eine zentrale Voraussetzung dar, um Kultureinrichtungen wie Kinos wieder öffnen zu können. Die relevanten Eckpunkte sind in einem Experten-Bericht definiert, der im Austausch mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) entwickelt worden ist.
An der Erstellung dieses Gutachtens waren neben dem Umweltbundesamt Experten für Gebäude-, Lüftungs- und Strömungstechnik sowie der Epidemiologie, Infektiologie und des Infektionsschutzes beteiligt. „Eine Öffnung während der Pandemie ist nur möglich, wenn die Einrichtungen über eine ausreichend leistungsfähige Lüftungsanlage verfügen“, erklärt Heinz-Jörn Moriske, Direktor und Professor im Umweltbundesamt.
Räume, die nicht maschinell belüftet werden, stufen die Wissenschaftler prinzipiell als „rot“ ein. Als „grün“ bewertet werden alle Räume, die bei hundertprozentiger Belegung mit 100 Prozent Außenluft aus raumlufttechnischer Sicht die Anforderungen der Kategorie II gemäß EN 1525 erfüllen. Kinos, die über raumlufttechnische Anlagen verfügen, welche jedoch nicht diesen lüftungstechnischen Anforderungen entsprechen oder einen hohen Umluftanteil besitzen, werden als „gelb“ kategorisiert. In dem Fall ist es notwendig, entsprechende technische Umrüstungen vorzunehmen.
Zu den Unternehmen, die in Deutschland Klima- und Lüftungsanlagen herstellen, gehört die im Allgäu ansässige Alois-Müller-Gruppe. Am Hauptsitz in Ungerhausen werden Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie Teile für den Metallbau produziert. Dazu gehören Lüftungskanäle und versorgungstechnische Komponenten des Anlagenbaus wie Rohrleitungssysteme aus Stahl und Edelstahl, außerdem Energiezentralen in Containerbauweise und Energiemodulsysteme.
„Wir fertigen z.B. Luftkanäle und Rohrleitungssysteme und veredeln vorproduzierte RLT-Anlagen mit Schalldämpfern und Auslässen“, erklärt der Unternehmenssprecher Marco Lambart. „Beim Kunden vor Ort wird dann Segment für Segment montiert.“ Um den CO2-Fußabdruck bei der Produktion und Fertigung von RLT-Anlagen zu minimieren, hat das Unternehmen mit der Green Factory ein nahezu energieautarkes Produktions- und Bürogebäude errichtet.
Die Energie, die in dem 18.000 m2 großen Produktions- und Bürogebäude eingesetzt wird, stammt aus erneuerbaren Quellen. Zwei Drittel der benötigten Energie liefert die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Green Factory, die mit über 200.000 Solarzellen über eine maximale Leistung von 1,2 MW verfügt. Der überschüssige Solarstrom wird in einer 230 kWh Batterie gespeichert oder ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Um den klimaneutralen Strom optimal einzusetzen, erfolgt in der Green Factory eine genaue Analyse aller Stoff- und Energieströme, welche für die einzelnen Fertigungsschritte notwendig sind. Zu diesem Zweck sind die Produktionsdaten über mehrere Jahre erfasst und ausgewertet worden.
Die Produktionsdaten dienen als Basis für die Digitalisierung der Abläufe und werden in einem Enterprise-Ressource-Planning-System (ERP) laufend mit der aktuellen Wettervorhersage und der Auftragslage abgeglichen. Bei der Planung der nächsten Fertigungsschritte werden sowohl die regenerativen Energiedaten als auch die verfügbaren Arbeitskräfte berücksichtigt. Intensive Stromverbraucher wie die Lasermaschine werden vorrangig betrieben, wenn genügend Strom vom Dach vorhanden ist. Auch Lackier- und Sandstrahlarbeiten werden bevorzugt bei ausreichend Solarstrom vorgenommen.
Am Wochenende, wenn keine weitere Produktion läuft, wird der Solarstrom für die Herstellung von Druckluft, vollentsaltzem Wasser und Stickstoff verwendet. Der in der Luft vorhandene Stickstoff wird mit speziellen Filtern extrahiert und in komprimierter Form in Hochdruckbehältern gelagert. Durch die Beimischung von Wasserstoff entsteht Formiergas, das in der Fertigung als Schutzgas beim Schweißen eingesetzt wird.
Die Strom- und Energieversorgung der Green Factory ist auch gesichert, wenn die Photovoltaikanlage keine ausreichende Strommenge produziert. Ein weiteres Herzstück des Energiekonzeptes ist das mit Ökogas betriebene Blockheizkraftwerk mit 220 kW elektrischer Leistung und 250 kW Wärme. Hinzu kommt ein Holzpelletkessel, der bei Bedarf zusätzliche Wärme liefern kann. Für Spitzenlasten steht ein mit Ökogas betriebener Gaskessel zur Verfügung. Sowohl die von den Anlagen erzeugte Wärme als auch der überschüssig produzierte Solarstrom können mehrere Tage in einen 100.000 l fassenden Pufferspeicher gespeichert und bei Bedarf in die Produktionshallen geleitet werden.
Über unser Gesamtproduktportfolio sparen wir über 1.000 Tonnen CO2 im Vergleich zu einer herkömmlichen Energieerzeugung ein.Marco Lambart, Unternehmenssprecher der Alois Müller-Gruppe
Die klimaneutral erzeugte Energie, die in ein Nahwärmenetz eingespeist wird, versorgt auch ein benachbartes Unternehmen. Zudem wird mit dem selbst produzierten Strom eine eigene E-Tankstelle mit zehn Ladepunkten betrieben, die sowohl für firmeneigene Elektrofahrzeuge als auch von Reisenden auf der nahe gelegenen A96 genutzt werden kann. Auch die anderen Service- und Vertriebsstandorte der Alois-Müller-Gruppe sind mit PV-Anlagen ausgestattet.
Ökodesign-Anforderungen für RLT-Anlagen
Mit der Ökodesign-Richtlinie hat die Europäische Kommission eine Rechtsgrundlage zur Regelung der Anforderungen in Ökodesign-Produktanforderungen geschaffen. Die verbindlichen Mindestanforderungen an das umweltgerechte Produktdesign sind in produktspezifischen Verordnungen definiert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Festlegung eines maximalen Energieverbrauchs sowie auf Anforderungen an die Ressourceneffizienz.
Seit 2016 müssen alle kombinierten Zuluft- und Abluftgeräte mit mehr als 1000 m³ Volumenstrom über eine Wärmerückgewinnung verfügen. Für die Wärmerückgewinnungssysteme sind Mindestanforderungen bezüglich ihres Wirkungsgrads festgelegt, da sich dieser auf den Stromverbrauch auswirkt. Auch für Komponenten wie Zuluft- und Abluftventilatoren sind Grenzwerte für den maximal zulässigen Leistungsbedarf definiert. Die Konformität von Lüftungs- und Klimageräten mit der Ökodesign-Richtlinie wird durch das CE-Zeichen bestätigt.