Kurzfristige CO2-Reduktion bremst nicht den Klimawandel

Aufgrund des Corona-Shutdowns sinken die Treibhausgas-Emissionen zwar kurzfristig, doch die CO2-Konzentration in der Atmosphäre steigt weiter, wie die neuen Rekordwerte an den Messstationen auf der Zugspitze und Mauna Loa auf Hawaii belegen. An der Messstation des Umweltbundesamtes auf der Zugspitze ist die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre im März 2020 erstmals im Monatsdurchschnitt auf fast 418 ppm (Teilchen pro Million Teilchen Luft) angestiegen und lag damit fast 3 ppm höher als 2019. Auch im April war die Konzentration mit 415,779 ppm höher als im Vorjahreszeitraum. Diese Entwicklung bestätigen die Daten der amerikanischen Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration). Die Messstation Mauna Loa auf Hawaii, die seit 1958 den CO2-Gehalt der Luft misst, hat im April einen Durchschnittswert von 416,21 ppm ermittelt, was einem Anstieg von 2,88 ppm im Vergleich zu 2019 entspricht.

 

Nach ersten Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) könnte der CO2-Ausstoß aus fossilen Energiequellen durch den weltweiten Shutdown in diesem Jahr global um etwa acht Prozent sinken, was dem stärksten jährlichen Rückgang seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs entspricht. Doch der Ausstoß ist immer noch so erheblich, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre auf neue Rekordwerte angestiegen ist. Da das Kohlendioxid sehr lange in der Atmosphäre verweilt, haben Emissionsreduktionen in einem einzelnen Jahr  keinen nachweisbaren Effekt auf die Klimaentwicklung. Die Ozeane und Landregionen können dem Global Carbon Project zufolge etwas mehr als die Hälfte des von der Menschheit ausgestoßenen CO2 aufnehmen. Der Rest des CO2 verbleibt für ungefähr ein Jahrhundert in der Luft.

 

Daher kann der Klimawandel nur durch eine kontinuierliche Verringerung des CO2-Ausstoßes abgebremst werden. Um das zu erreichen, ist in den kommenden Jahrzehnten ein jährlicher Rückgang des CO2-Ausstoßes notwendig, der in der durch den Shutdown bedingten Größenordnung liegt. Laut Weltklimarat müssen die weltweiten CO2-Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts netto auf null sinken, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. „Die kurze Pause aufgrund des Shutdowns reicht bei weitem nicht, um die Klimaentwicklung auf einen Pfad zu lenken, der dem Klimaziel von Paris entspricht”, erklärt Professor Mojib Latif, Klimaforscher und Vorstandsvorsitzender des Deutschen Klima-Konsortiums (DKK). “Notwendig ist, die Emissionen in den kommenden Jahren konstant in dieser Größenordnung zu senken – ohne dabei die Wirtschaft lahmzulegen.“

 

Um der Dimension dieser Aufgabe gerecht zu werden, sind in allen Bereichen der Gesellschaft dauerhafte, strukturelle Veränderungen erforderlich, die vom Energiesystem über die Landnutzung bis hin zur Infrastruktur reichen. Je später die Transformation beginnt, desto schwieriger wird es, wie der Weltklimarats in seinem Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel dargelegt hat.