Neue Testverfahren zur Marktüberwachung der Energieeffizienz

Die Ökodesign-Verordnung und die EU-Energielabel, die den Stromverbrauch von Elektrogeräten und Leuchten kennzeichnen, geben Verbraucher*innen eine klare Orientierung hinsichtlich der Energieeffizienz der Produkte. Doch die gesetzlichen Vorgaben zum Verbrauch und zur Leistung von Elektrogeräten können durch Manipulation der Labortests umgangen werden. Möglich ist das sowohl mit einer versteckten Software, welche das Gerät in der Prüfsituation automatisch optimiert als auch durch den Missbrauch spezifischer Herstellerinstruktionen.

 

Um derartige Manipulationen im Vorfeld zu verhindern, sind im Rahmen des EU-geförderten Projekts ANTICSS – Anti-Circumvention of Standards for Better Market Surveillance (Eindämmung des Umgehens von Standards für eine bessere Marktüberwachung) die Möglichkeiten systematisch analysiert worden, mit denen sich die Standards und Vorschriften der Ökodesign-Verordnung und der EU-Energielabel umgehen lassen. Zu dem internationalen Forschungsteam gehörten 19 Organisationen aus acht EU-Mitgliedsstaaten, die dreieinhalb Jahre lang potenzielle Schlupflöcher unter die Lupe nahmen.

 

Daran beteiligt waren vier Labore in Deutschland, Italien, Spanien und den Niederlanden, die 24 verschieden Produktmodelle daraufhin geprüft haben, ob manipulierte Testergebnisse à la Dieselgate technisch möglich sind. Bei sechs der getesteten Modelle stellte sich heraus, dass eine entsprechende Umgehung theoretisch umsetzbar sei.

Wenn die Hersteller*innen diese Schlupflöcher breit ausnutzen würden, hätte das zur Folge, dass die betreffenden Geräte weitaus weniger CO2 einsparen als in ihrer Effizienzklasse deklariert ist. Aufgrund des realen Energieverbrauchs des betreffenden Produktes würden jedes Jahr rund 200.000 Tonnen CO2-Äquivalente mehr emittiert werden als angegeben. Über die gesamte Lebensdauer der Geräte gerechnet könnte sich dieser Wert auf rund 2,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente summieren.

 

Da sich derartige Umgehungen mit den herkömmlichen Standardmessverfahren meistens nicht aufdecken lassen, hat das Forschungsteam spezielle Testverfahren entwickelt, die für 18 Verdachtsfälle in acht verschiedenen Produktgruppen konzipiert worden sind. Die Wissenschaftler*innen empfehlen, dass die Europäische Union die Definition des Begriffes „Umgehung“ erweitern sollte. Bisher bezieht sich diese Regelung nur auf eine integrierte Software, welche die Testsituation erkennt und die Verbrauchswerte automatisch optimiert.

 

Ein weiteres Schlupfloch ist der Missbrauch von Herstellerinstruktionen, die durch bestimmte Voreinstellungen der Produkte bei der Prüfung im Labor zu besseren Ergebnissen führen. Deshalb plädiert das Forschungsteam dafür, dass die Europäische Union die vorhandenen Schwachstellen in der Gesetzgebung und bei den Standards so schnell wie möglich schließen solle. Zudem benötigen Marktüberwachungsbehörden die rechtliche Handhabe, von den vorgegebenen Standardmessverfahren abweichen zu können, um die Umgehung aufzudecken.

 

Das ANTICSS-Forschungsteam hat dafür Testverfahren entwickelt, in denen unter Manipulationsverdacht stehende Parameter geringfügig variiert werden. Sofern dabei die Ergebnisse erheblich von denen abweichen, die unter Normbedingungen angezeigt werden, gilt dies als Indiz, dass ein Gerät speziell für die Konformitätsprüfung optimiert worden ist. Das Ziel müsse sein, Marktverzerrungen und Fehlinformationen zur Umweltwirkung von Produkten zu verhindern, damit bei den Verbraucher*innen kein Vertrauensverlust entstehe.