Preisregulierung für Fernwärme

Der Ausbau der Fernwärmenetze soll als Hebel fungieren, um die Wärmewende in Deutschland voranzubringen. Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) schreibt vor, dass die CO2-Äquivalente des Gebäudesektors von 118 Millionen Tonnen im Jahr 2020 bis 2030 auf 67 Millionen Tonnen gesenkt werden sollen. Dabei kommt der Wärmeversorgung eine Schlüsselrolle zu, da auf den Wärmebereich rund 40 Prozent der CO2-Emissionen entfallen. Bislang steht die Fernwärme in Deutschland mit einem Marktanteil von rund 15 Prozent auf Platz 3 nach Gas-und ölbasierten Heizungen.

 

Rund 4.000 Fernwärmenetze mit einer Trassenlänge von ca. 35.000 km versorgen Industrie, Gewerbe und Haushalte mit Wärme, die zu mehr als zwei Dritteln aus fossilen Energieträgern wie Erdgas und Kohle stammt. Die Anzahl der angeschlossenen Wohngebäude von derzeit 1,3 Millionen soll bis 2045 auf 3,6 Millionen ansteigen. Gleichzeitig soll durch Sanierungen die Gebäudeeffizienz erhöht werden, um den wärmeseitigen Endenergieverbrauch zu senken. Derzeit steht die Dekarbonisierung der Fernwärme noch ziemlich am Anfang.

 

Aktuell basieren nur rund 20 Prozent der Energieträger in den Wärmenetzen aus Erneuerbaren Energien. Der Großteil davon stammt aus biogenen Brennstoffen. Die Nutzung von Abwärme hat derzeit einen Anteil von zehn Prozent am Energieträgereinsatz für die Fernwärme. Das 2024 in Kraft getretene Wärmeplanungsgesetz (WPG) schreibt vor, dass alle Wärmenetze ab dem 1. Januar 2030 einen Anteil von mindestens 30 Prozent aus Erneuerbaren Energien, unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination aus beidem aufweisen müssen.

Um die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung zu erreichen, sind die Kommunen in Abhängigkeit von ihrer Größe bis zum Sommer 2026 bzw. zum Sommer 2028 zur Kommunalen Wärmeplanung verpflichtet. Ab dem 1. Januar 2040 soll der Anteil aus Erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme sogar 80 Prozent betragen.

Einem Gutachten von Prognos zufolge beläuft sich der Investitionsbedarf für den Netzausbau und die Transformation der Fernwärmeversorgung bis zum Jahr 2030 auf 43,5 Milliarden Euro, wozu bis 2045 weitere 74 Milliarden Euro hinzukommen.

Der Löwenanteil des Investitionsbedarfes von rund 60 Prozent entfällt auf den Aus- und Neubau der Wärmenetze, während etwa 40 Prozent für den Aufbau klimafreundlicher Erzeugungsanlagen erforderlich sind. Aufgrund dieser hohen Investitionen in die Fernwärme-Infrastruktur müssen auch Fernwärmekund*nnen mit hohe Kosten rechnen. Die Finanzierung der Fernwärme ist in Deutschland kommerziell organisiert. Die Preisgestaltung durch die Fernwärmeversorger ist bislang nicht gesetzlich geregelt.

 

Die grundsätzliche Regelung der Fernwärmeversorgung erfolgt durch die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVB-FernwärmeV), die durch die Wärmelieferverordnung (WärmeLV) und die Verordnung über die Verbrauchserfassung und Abrechnung bei der Versorgung mit Fernwärme oder Fernkälte (Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und -Abrechnungsverordnung, FFVAV) ergänzt wird. Im Jahr 2022 ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die Fernwärme ausgeweitet worden. Danach dürfen Fernwärmeunternehmen ihre marktbeherrschende Stellung nicht ausnutzen.

 

Während der Gasknappheit im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine hat die Gaspreisbindung vieler Fernwärmelieferverträge zu steigenden Preisen geführt. Die Fernwärmepreise unterscheiden sich regional stark voneinander. Aufschluss darüber gibt die Preistransparenzplattform Fernwärme, auf der Fernwärmeanbieter ihre Preisdaten freiwillig zur Verfügung stellen. Auf der Plattform, die von den Branchenverbänden AGFW, BDEW und VKU initiiert worden ist, sind mehr als die Hälfte der Fernwärmeanbieter in Deutschland vertreten.

 

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbz) hat im April 2025 die Preise von 576 Wärmenetzen ausgewertet, die sich in jedem vierten Wärmenetz auf 20 Cent je kWh beliefen. In nahezu jedem zehnten Wärmenetz lag der Preis bei 25 Cent je kWh oder höher. Die Abnehmer von Fernwärme sind in diesem Monopolmarkt weitgehend den Vertragskonditionen ihres Versorgers ausgeliefert, da sie ihren Anbieter nicht wechseln können.

 

„Wer an ein Wärmenetz mit hohen Preisen angeschlossen ist, hat schnell zusätzliche Kosten von mehreren hundert Euro pro Jahr“, sagt Florian Munder, Energieexperte beim vzbv, der deshalb eine Preisobergrenze fordert. „Die Grenze sollte sich an den Kosten für den Betrieb einer Wärmepumpe orientieren.“ Bezahlbare Fernwärme sei ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Wärmewende.

 

Um einen fairen Vergleich zwischen den beiden Schlüsseltechnologien der Wärmewende ziehen zu können, müssen Wärmenetze und Wärmepumpen eine vergleichbare öffentliche Förderung erhalten. Florian Munder, Energieexperte, Verbraucherzentrale Bundesverband

Die dena (Deutsche Energie-Agentur) hat in einer neuen Analyse die Herausforderungen einer kosteneffizienten Reform der Preisregulierung im Spannungsfeld zwischen Verbraucherinteressen und Investitionssicherheit beleuchtet. „Basis der Reform sollte ein transparentes System sein: bei der Preisbildung als auch bezogen auf Fortschritte bei der Dekarbonisierung der Fernwärme“, erklärt Corinna Enders, Vorsitzende der dena-Geschäftsführung. „Nur so kann die Wärmewende in der leitungsgebundenen Versorgung die notwendige Akzeptanz erreichen.“

 

Die dena empfiehlt, dass sich die Preisregulierung an den tatsächlichen Kosten der Fernwärmeversorger für Investitionen, Betrieb und Instandhaltung orientieren sollte. Gleichzeitig sei mehr Transparenz erforderlich, wobei sowohl der Verbraucherschutz als auch der bürokratische Aufwand für die Unternehmen berücksichtigt werden müsse. Diese Aufgabe könnte eine Aufsichtsbehörde übernehmen.

 

Da die Wärmeversorgung für viele Gewerbe- und Haushaltskunden kaum noch bezahlbar wäre, wenn sämtliche Investitionskosten vollständig an die Netzkund*nnen weitergegeben werden, erfordere der Ausbau der Fernwärmenetze weiterhin öffentliche Mittel. Angesichts des hohen Investitionsbedarfs schlägt die dena vor, ergänzend alternative Finanzierungsmodelle wie beispielsweise die Einbindung privaten Kapitals zu prüfen, um langfristig sozialverträgliche Fernwärmepreise sicherzustellen.