Strategie zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse

Die Tage der Holzverstromung sind gezählt. Das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK), das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und das Bundesumweltministerium (BMUV) haben Eckpunkte für eine nachhaltige Nutzung von Biomasse aus der Wald-, Landwirt- und Abfallwirtschaft vorgelegt, die sich konsequent an den Klima-, Umwelt- und Biodiversitäts-Zielen orientieren. Den Handlungsrahmen bilden dabei das nachhaltig verfügbare Biomassepotenzial, der Erhalt natürlicher Ökosysteme und das Food-First-Prinzip, bei dem die Priorität auf der Ernährungssicherheit liegt. Fragen der kurzfristigen Rolle der Bioenergie im Kontext der Energieversorgungssicherheit stehen nicht im Fokus der Strategie.

 

„Biomasse – also zum Beispiel Holz, Energiepflanzen oder organische Abfälle – ist eine sehr gefragte und auch heimische Ressource. Auch wenn sie natürlichen Ursprungs ist und ein erneuerbarer Rohstoff ist: ihr Einsatz ist nicht per se klima- und umweltfreundlich. Biomasse ist auch nur begrenzt verfügbar“, erklärt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. „Also brauchen wir Regeln für einen nachhaltigen Umgang. Die dafür nötigen Leitplanken schaffen wir mit der Biomassestrategie.“ Diese soll sicherstellen, dass Biomasse zukünftig nur noch in nachhaltig verfügbaren Mengen, gezielter für den Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft in Richtung Treibhausgasneutralität eingesetzt wird.

 

Um einen messbaren und nachhaltigen Beitrag zu Klima- und Biodiversitätsschutz zu leisten, müsse genau abgewogen werden, wofür die knapp bemessene Ressource Biomasse verwendet werden solle. „Wir brauchen eine effiziente Kaskadennutzung: Hochwertige Stoffe müssen nachhaltig genutzt werden, im Fall von Holz zum Beispiel für die Herstellung von Baustoffen oder Möbeln“, betont die Bundesumweltministerin Steffi Lemke. „Gleichzeitig führt der Schutz von Ökosystemen, die natürlicherweise CO2 speichern, zu einem messbaren Beitrag für den Klimaschutz und zum Erhalt der Biodiversität, das heißt es kann unter Umständen sinnvoll sein, Holz im Wald zu belassen.“

 

Um die von Dürre, Hitze und Insektenbefall geschwächten deutschen Wälder zu stärken, hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein 900 Millionen Euro schweres Wald-Klima-Paket aufgelegt. Das neue Programm Klimaangepasstes Waldmanagement fördert Betriebe, die ihre Wälder nach Kriterien bewirtschaften, die sowohl über den gesetzlichen Standard als auch nachweislich über bestehende Zertifizierungen wie PEFC und FSC hinausgehen.

„Wer den Wald stark macht, macht starken Klimaschutz. Denn jeder stabile Hektar Wald schützt das Klima und bietet Tieren sowie Pflanzen einen reichhaltigen Lebensraum. Und nur starke Wälder liefern verlässlich den nachwachsenden Rohstoff Holz und bieten uns Menschen einen Ort zum Erholen“, sagt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. „Biodiversität und Strukturreichtum sind Grundvoraussetzung dafür, dass sich unsere Waldökosysteme an ein geändertes Klima anpassen können.“

 

Bislang kommt Holz als nachwachsender Rohstoff eine wichtige Rolle beim Einsatz von erneuerbaren Energien im Bereich der Wärmeerzeugung zu. Biomasse wird als klimaneutral betrachtet, weil beim Verbrauch von Biomasse kurz-, mittel oder langfristig genau so viel CO2 freigesetzt wird, wie beim Wachstum aufgenommen worden ist. Dabei muss jedoch auch der Energieaufwand für den Anbau, die Weiterverarbeitung und den Transport berücksichtigt werden, bei dem oftmals fossile Energien zum Einsatz kommen. Deutschland gehört zu den weltweit größten Verbrauchern von Biomasse zur Energieerzeugung, mit der rund zehn Prozent des Primärenergiebedarfs gedeckt werden. Während Stückholz vor allem für Kaminöfen Verwendung findet und Holzhackschnitzel in größeren Heizanlagen verfeuert werden, kommen Holzpellets in kleinen vollautomatischen Heizanlagen zum Einsatz.

 

Das Umweltbundesamt empfiehlt aus Klimaschutz-, Luftreinhalte- und ökologischen Gründen auf die Nutzung von Holz zur Wärmeversorgung von Gebäuden zu verzichten. Die klimapolitischen Verpflichtungen Deutschlands erfordern eine Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare und brennstofffreie Energieträger. Die Brennholznachfrage gefährdet weltweit Wälder, die für den Klimaschutz unentbehrlich sind. Zur Erreichung der klimapolitischen Ziele muss der Wald als Kohlenstoffsenke erhalten bleiben. Im Zuge der Kaskadennutzung kann mit langlebigen Holzprodukten mehr Klimaschutz erzielt werden als mit Holzheizungen.

 

Wachstum und Nachhaltigkeit

Eine Kiefer speichert beispielsweise in den ersten zehn Wachstumsjahren nur ca. 40 kg CO2, ab dem 20. Lebensjahr rund 400 kg CO2 und erst nach 40 Jahren ca. 5,7 t CO2. Für jeden gefällten 40-jährigen Baum müssten zur CO2-Kompensation 400 dreijährige Bäume nachgepflanzt werden oder bereits von Natur aus nachwachsen. Die zunehmende Entnahme von Restholz, Schadholz und Totholz im Wald, das als Hackschnitzel zum Heizen verwertet wird, verringert die Humusbildung und damit das Nährstoffangebot für das Wachstum der Bäume. „Die Nachhaltigkeit ist nicht gegeben und die Klimabilanz ist auf jeden Fall schlecht, wenn mehr Biomasse verbraucht wird als im selben Zeitraum nachwachsen kann”, erklärt Dr. Michael Huber, Physikochemiker und Dozent für Technologie neuer Werkstoffe.