Stromampel soll Nutzung Erneuerbarer Energien maximieren

Im Jahr 2023 sind in Deutschland rund 52 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien gedeckt worden, wie aus den Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervorgeht. Der Bruttostromverbrauch bezeichnet die gesamte Strommenge, die in einem Land verbraucht wird. Darin enthalten sind auch die Strommengen, die gar nicht beim Endverbraucher ankommen wie Stromverluste in den Leitungen sowie der Strom, den Kraftwerke und Pumpspeicher selbst verbrauchen. Der Bruttostromverbrauch abzüglich der Stromverluste beim Transport und dem Kraftwerkseigenverbrauch ergibt den Nettostromverbrauch.

 

Die Bruttostromerzeugung, welche die gesamte in Deutschland erzeugte Strommenge umfasst, kam im Jahr 2023 auf einen Wert von rund 508,1 Terawattstunden (Mrd. Kwh). Davon stammten 267 Terawattstunden aus Erneuerbaren Energien. Die Windkraftanlagen an Land besaßen mit 113,5 Terawattstunden den größten Anteil der regenerativen Stromerzeugung. Allein mit Photovoltaikanlagen wurden 62 Terawattstunden erzeugt. Das restliche Viertel der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien stammt aus Biomassekraftwerken, Wasserkraftanlagen sowie Geothermieanlagen.

 

Die Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung, die den Strommix bezeichnet, der aus der Steckdose kommt, belief sich 2023 in Deutschland auf 436,8 Terawattstunden. Die Erneuerbaren Energien hatten daran einen Anteil von 59,1 Prozent, wie aus einer Auswertung hervorgeht, die das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE vorgelegt hat. Die Windkraftanlagen an Land besaßen mit 116,25 Terawattstunden den größten Anteil an der regenerativen Stromerzeugung. Photovoltaikanlagen speisten 52,24 Terawattstunden ins öffentliche Stromnetz ein. In der letzten Kalenderwoche des Jahres 2023 hat der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung sogar die Rekordmarke von 80 Prozent überschritten.

Trotz dieser positiven Entwicklung bleiben die Herausforderungen groß, um die Klimaziele zu erfüllen. Bis zum Jahr 2030 sollen 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus regenerativen Quellen gedeckt werden, was angesichts der steigenden Bedarfe der Elektrifizierung des Wärmesektors und des Verkehrs einen Anstieg der Ökostromerzeugung auf rund 600 Terawattstunden erfordert. Deshalb soll die Leistung der Windkraftanlagen an Land bis 2030 auf 115 Gigawatt verdoppelt und die installierte Photovoltaikleistung auf 215 Gigawatt verdreifacht werden. Im Jahr 2023 wurde der angestrebte Photovoltaik-Leistungszubau mit über 13 Gigawatt übertroffen. Bei der Windenergie wurde das Ausbauziel mit einem Zuwachs von drei Gigawatt hingegen nicht erreicht.

 

Während 2023 mehr als die Hälfte des benötigten Strombedarfs aus Erneuerbaren Energien stammte, liegen die Ziele im Wärme- und Verkehrssektor noch in weiter Ferne. Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) plädiert dafür, den Ausbau der Wind- und Solarenergie durch den Abbau von Hemmnissen zu beschleunigen. Dazu gehören Zuschläge und Genehmigungen für Windkraftanlagen sowie eine Anhebung der EEG-Vergütungssätze für neue PV-Gewerbedächer, um gewerbliche Immobilienbesitzer deutlich stärker zu PV-Investitionen zu bewegen. Um das Potenzial der Erneuerbaren Energien zu entfalten, sei zudem ein Hochlauf der Wärmetechnologien erforderlich. Dazu zählen die Wärmepumpe kommunale Wärmenetze, aber auch der Einsatz von Biogas zum Betrieb von Blockheizkraftwerken.

 

Zudem sei eine Reform des Strommarktes überfällig. „Erneuerbare stemmen mit 52 Prozent zwar den Großteil der Stromerzeugung und sind mittlerweile systemsetzend, bewegen sich jedoch noch immer in einem Energiesystem von vorgestern“, erklärt die BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter. Ein zentraler Punkt sei, den negativen Strompreisen entgegenzuwirken, um betriebswirtschaftliche Risiken für die Erneuerbaren Energien zu dämpfen. Dafür müsse die zeitliche Förderung auf ein mengenbasiertes Konzept umgestellt werden. Wie das neue Strommarktdesign gestaltet werden könne, wird in einer Studie ausgeführt, welche die Fraunhofer-Institute für Energiewirtschaft und Netzbetrieb (IEE) und Solare Energiesysteme (ISE) erstellt haben.

 

Damit der Strommix möglichst genutzt wird, wenn der Anteil Erneuerbarer Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung besonders hoch ist, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE eine Stromampel- App entwickelt, die für Android-Geräte verfügbar ist. „Um angesichts dieses wetterabhängigen grünen Stromangebots den Bedarf an Speichern zu minimieren, ist es sinnvoll, den Stromverbrauch an das Angebot anzupassen“, erklärt Prof. Bruno Burger, Senior Scientist am Fraunhofer ISE.

 

Die App zeigt für zwölf europäische Länder den aktuellen Anteil Erneuerbarer Energien an der Last an. Wenn die Ampel auf „grün“ steht, wird empfohlen stromfressende Prozesse wie beispielsweise die Übertragung großer Datenmengen vorzunehmen. Mit dieser App soll die Nutzung Erneuerbaren Stroms maximiert und mehr Transparenz in den Stromverbrauch gebracht werden. Zudem gibt die App Aufschluss über den Day-Ahead-Börsenstrompreis, der jeweils von den Marktteilnehmern am Spotmarkt für den Folgetag ausgehandelt wird.