In der Lieferkette von Lebensmitteln ist Transparenz gefragt

Neben den klassischen Kino-Snacks wie Cola und Popcorn führen Öko-Produkte wie vegane Schokolade oder bio-zertifizierte Müsli-Riegel nach wie vor ein Schattendasein an der Concession-Theke. Doch immer mehr Menschen möchten wissen, was sie essen und woher die Lebensmittel kommen. Für den Ernährungsreport 2024, der im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erstellt worden ist, sind Verbraucher*innen nach ihren Wünschen, Vorlieben und Gewohnheiten rund um das Thema Ernährung befragt worden. Danach legen die Menschen großen Wert auf Informationen über die Lebensmittel. Beim Kauf achten die Verbraucher*innen wesentlich stärker als früher auf Regionalität, EU-Bio-Siegel und Tierwohl.

 

Das wichtigste Kriterium ist der Geschmack. Auf Platz 2 folgt die Gesundheit. Bei der Auswahl von Lebensmitteln spielen sowohl der Zuckergehalt als auch vegetarische oder vegane Alternativen zu tierischen Produkten inzwischen eine größere Rolle. Frauen legen deutlich mehr Wert auf gesunde Ernährung als Männer. 88 Prozent der Befragten haben beim Einkauf schon einmal den Nutri-Score auf einer Lebensmittelverpackung wahrgenommen und 37 Prozent gaben an, dass diese Nährwert-Kennzeichnung ihre Kaufentscheidung beeinflusst habe. Bei der ersten Befragung zu diesem Thema im Jahr 2021 kannten nur 44 Prozent den Nutri-Score.

 

Die Ermittlung des Nutri-Scores erfolgt auf der Basis des Energiegehalts sowie dem Gehalt verschiedener Nähr- und Inhaltsstoffe eines Lebensmittels, die nach einem wissenschaftlich erstellten Algorithmus miteinander verrechnet werden. Die Berechnung ist in drei Schritte gegliedert. Zunächst erfolgt eine Zuordnung  in die entsprechende Produktgruppe wie „allgemeine Lebensmittel“, „zugesetzte Fette“, „Käse“ oder „Getränke“. Sofern ein Produkt Nähr- und Inhaltsstoffe wie beispielsweise Zucker, Fett und Salz enthält, deren übermäßiger Verzehr sich negativ auf die Gesundheit auswirken könne, schlägt sich dies in Form von Punkten in der  Bewertung nieder.

Für Nähr- und Inhaltsstoffe wie der Ballaststoff- und Eiweißgehalt, Anteil an Obst, Gemüse, Nüssen und ausgewählten Ölen, die eher einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben, werden ebenfalls Punkte vergeben. Die Gesamtpunktzahl resultiert aus der Summe der Punkte der weniger erwünschten Nähr- und Inhaltsstoffe, von der die Punkte der erwünschten Nähr- und Inhaltsstoffe abgezogen werden. Die Lebensmittel mit einer hohen Nährwertqualität verfügen somit über die geringste Gesamtpunktzahl. Anhand der Gesamtpunktzahl erfolgt nach einem vorgegebenen Schema die Einordnung in den Nutri-Score in die einzelnen Stufen von A (grün) über C (gelb) bis E (rot).

 

Der Nutri-Score-Rechner basiert auf Informationen des französischen Gesundheitsministeriums und gibt eine Orientierung über den jeweiligen Score, die keine rechtsverbindliche Bewertung darstellt. Durch die Nährwertkennzeichnung mit dem Nutri-Score wird auf Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten hingewiesen, die zur die Entstehung von ernährungsbedingten Krankheiten wie Übergewicht oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen.

 

Den Erhebungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zufolge sind 47 Prozent der Frauen, 62 Prozent der Männer und 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland übergewichtig, was überwiegend an der Ernährung liegt. Fast alle Lebensmittel, deren Nährwerte auf ihrer Verpackung ausgewiesen sind, dürfen mit dem Nutri-Score gekennzeichnet werden. Vom Nutri-Score ausgenommen sind Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent sowie Säuglingsnahrung und diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke.

 

Der Nutri-Score gibt keine Empfehlungen, welche Lebensmittel primär oder nur in Maßen verzehrt bzw. auf welche Produkte verzichtet werden sollte. Die Kennzeichnung erleichtert es den Verbraucher*innen, den Nährwert eines Lebensmittels auf einer Blick zu erfassen und hinsichtlich der Nährwerte mit ähnlichen Produkte zu vergleichen. Die Berechnung des Nutri-Scores erfolgt durch die Lebensmittelunternehmen selbst, die sich dazu verpflichten, die Vorgaben einzuhalten. Seit 2021 arbeiten Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Spanien, die Niederlande und die Schweiz, als „Countries officially engaged in Nutri-Score“( COEN) zusammen, um die Verwendung des Nutri-Score europaweit einheitlich zu gestalten und den Nutri-Score-Algorithmus weiterzuentwickeln.

 

Seit dem 1. Januar 2024 können Unternehmen in Deutschland den weiterentwickelten Algorithmus zur Kennzeichnung ihrer Lebensmittel nutzen. Im Rahmen eines Anwenderforums werden Unternehmen und Verbraucherverbände in die Arbeit am Nutri-Score eingebunden und über technische und praktische Umsetzungsfragen informiert. Die Änderungen am Algorithmus betreffen vor allem Anpassungen bei der Bepunktung der verschiedenen Nähr- und Inhaltsstoffe eines Lebensmittels.

 

Für die Lebensmittel der Kategorien „feste Lebensmittel“ und „Fette/Öle“ werden für diverse Nähr- und Inhaltsstoffe künftig andere Referenzwerte, Maximalpunktzahlen oder Schwellenwerte angelegt. Striktere Anforderungen bei den Gehalten an Zucker und Salz sollen dazu führen, dass Lebensmittel mit einem vergleichsweise hohem Zucker- und Salzgehalt entsprechend weniger günstig als bisher eingestuft werden. Ballaststoffreiche Vollkorn-Produkte sollen sich durch die Einstufung besser von ballaststoffärmeren Varianten unterscheiden lassen und bei pflanzlichen Speiseölen können Produkte mit vielen günstigen Fettsäuren punkten.

 

In der Kategorie „Getränke“ werden alle Lebensmittel nach identischen Kriterien bewertet. Künftig wird auch der Einsatz von Süßstoffen berücksichtigt, für die vier zusätzliche Negativpunkte vergeben werden. Dadurch verschlechtert sich der Nutri-Score von Getränken, die künstliche Süßstoffe enthalten, um mindestens eine Bewertung. Getränken mit geringen Zuckergehalten wird eine bessere Bewertung ermöglicht, was die Unterscheidbarkeit der Lebensmittel nach ihrem Zuckergehalt erleichtert. Der uneingeschränkt empfohlene Durstlöscher bleibt Wasser, dass auch in Zukunft als einziges Getränk eine A-Bewertung erzielen kann.

 

Der Nutri-Score enthält keinerlei Angaben zur Herkunft von Produkten. In der EU ist eine Herkunftskennzeichnung bislang nur für bestimmte Lebensmittel wie Eier, frisches Obst und Gemüse, Honig, Olivenöl und bestimmte Fleischsorten verpflichtend. Eine Ausweitung der EU-Vorschriften zur verpflichtenden Herkunftskennzeichnung könnte den Verbraucher*innen helfen, Produkte mit kürzeren Transportwegen und Lieferketten zu wählen.

 

Im Frühjahr 2024 hatten Deutschland und Österreich die EU-Kommission beim Treffen der EU-Agrarminister aufgefordert, einen Vorschlag vorzulegen, um mehr Lebensmittel in die verpflichtende Herkunftskennzeichnung einzubeziehen. Die EU-Kommission hat im Rahmen der Farm to Fork-Strategie angekündigt, im Zuge einer umfassenden Überarbeitung der Lebensmittelinformationsverordnung eine Ausweitung der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung auf weitere Produkte zu prüfen.