Neun Säle und eine eigene Eismanufaktur im Cinetower Alsdorf
Best Practice-Beispiel
Hausgemachtes Eis aus natürlichen Zutaten, das ohne Farbstoffe, künstliche Aromen und Konservierungsstoffe hergestellt wird, kommt auch im Kino gut bei den Gästen an. Im Cinetower Alsdorf, der über neun Kinosäle mit rund 1.400 Sitzplätzen verfügt, können die Besucher*innen vor oder nach der Vorstellung frisch produziertes Eis aus der hauseigenen Eismanufaktur genießen. Die Eisfreunde bieten sowohl klassisches Kugeleis zum Mitnehmen als auch Eisbecher zum Verweilen in der Eisdiele an.
Die Idee, ein Eiscafé in das Cineplex zu integrieren, hatte der Inhaber Leo Stürtz bereits bei der Konzeption des Multiplexkinos 1997. „Nicht nur Eis essen macht glücklich, sondern auch Eis selber herzustellen“, betont der Kinobetreiber. „Hinzu kommt, die Herstellung hält fit. Man muss Kraft und Geschick einsetzen und stets die Gedanken zusammen halten.“ Der passionierte Eisliebhaber hat seine Familie über Jahre mit immer neuen Eiskreationen überrascht. Zeit für die Professionalisierung dieses Hobbys hat er erst gefunden, nachdem er und seine Frau die Geschäftsführung der Kinos an ihre Söhne Moritz und Sebastian Stürtz übergeben haben. Mit der Teamleitung der Eismanufaktur hat er Giovanni Stefano Toccori betraut, der viel mit ihm im Eislabor experimentieren durfte, bevor er sein Wissen auf der Eisfachschule vertieft hat.
Zu den vierzehn Sorten, die in der 120 qm großen Eisdiele im Cinetower angeboten werden, gehören neben Klassikern wie Schokolade, Stracciatella oder veganem Erdbeersorbet auch das speziell für die Aachener Region kreierte Streuselbrötchen-Eis, für das eine lokale Bäckerei die Zutaten liefert. Bei der Beschaffung von klassischen Zutaten legt die Eismanufaktur Wert auf hohe Qualität und natürliche Anbaubedingungen. Die Bourbon-Vanille kommt aus Madagaskar und die Haselnüsse werden direkt von einem Hofladen in Italien geliefert.
Bei Früchten ist der Standort für den jeweiligen Grad der Süße ausschlaggebend. Erdbeeren, die im Winter aus der Türkei kommen, besitzen zum Beispiel einen anderen Zuckergehalt als Erdbeeren aus Ägypten. „Bevor ich mit der Produktion beginne, prüfe ich mit dem Refraktometer den Zuckergehalt, um entsprechend mit Zucker dagegen zu arbeiten“, erklärt Giovanni Stefano Toccori. „Da das bei jedem Eis unterschiedlich ist, muss ich jedes Eis einzeln durchkalkulieren.“
Für die Herstellung einer neuen Sorte muss man ein sehr guter Mathematiker sein. Es gibt sehr viele Faktoren, die man berücksichtigen muss, damit das Eis die gleiche Süße hat und gleich cremig ist wie die anderen Sorten.Leo Stürtz, Inhaber des Cinetower Alsdorf
Für das Milchspeiseeis werden Milch, Sahne sowie Kondensmilch als Geschmacksträger verwendet, während für die Fruchteis-Herstellung Zucker, Glukose oder Dextrose eingesetzt werden. Hinzu kommen Johannesbrotkernmehl oder Guarkernmehl, um dem Produkt die gewünschte Struktur zu verleihen. „Wir produzieren Eis ohne Gedöns“, betont Giovanni Stefano Toccori, der bei der Eisherstellung keinerlei Zusatzstoffe oder künstliche Aromen verwendet.
Auch beim Eis, das er für den Verkauf an der Concession-Theke im Cinetower Alsdorf, Cineplex Aachen, dem Eden-Palast und dem Capitol in Aachen in Becher abfüllt, wird komplett auf Konservierungsstoffe verzichtet. Der Haltbarkeitsprozess ist durch das natürliche Handwerk gegeben. „Das Eis wird bei minus 30 – 35 Grad schockgefrostet und sukzessive auf die Lagertemperatur von minus 18 bis 20 Grad gebracht“, erklärt der Eismacher. „Einmal gefrorenes Eis hält zwölf Monate und schmeckt wie am ersten Tag“. Für das Eis aus der Manufaktur wird ein Mindesthaltbarkeitsdatum von neun Monaten angesetzt.
Die Becherbefüllung erfolgt mit Hilfe einer Abfüllmaschine, die zwei Systeme bietet. Die Bemischung aus der Eismaschine kann nach Eigengewicht oder Druck erfolgen, wobei bei Letzterer die Luft aus dem Eis gepresst wird. „Wenn keine Luft im Eis ist, geht der Geschmack verloren“, sagt der Eis-Experte. „Deshalb haben wir für uns eine Lösung mit ein wenig Luft für den Geschmack ausgearbeitet, wobei der Becher jeweils genau die angegebene Menge Eis enthält.“
Damit sich bei der Schokolade der Geschmack vollständig entfaltet, muss diese auf 93 Grad erhitzt werden, da sich erst bei dieser Temperatur die Enzyme spalten. Das handwerklich hergestellte Eis aus natürlichen Zutaten unterscheidet sich teilweise auch optisch vom Industrieeis. So ist das Vanilleeis nicht weiß, sondern besitzt einen leichten Beige-Ton sowie kleine, dunkle Sprenkel, die aus den geschredderten Vanille-Schoten herrühren.
Noch stärker fällt der Unterschied beim Pistazien-Eis auf, wenn es keine grüne Farbe hat. „Bei der Verarbeitung von Pistazien bekommt das Eis einen braunen Stich, was in unseren Augen schmutzig aussieht“, sagt der Eismacher. „Am Anfang haben wir erlebt, dass die Kund*innen an das Aussehen und den Geschmack vom Industrieeis gewohnt waren.“
Inzwischen ist die Resonanz der Gäste so groß, dass nicht nur sämtliche Häuser der Kinofamilie Stürtz die Kreationen der Eisfreunde an der Concession-Theke anbieten, sondern seit dem Spätsommer 2024 sind diese auch regional im Einzelhandel erhältlich. Bislang werden rund 9.000 Becher pro Jahr abgefüllt, die in fünf verschiedenen Sorten erhältlich sind. In der Kinoeisdiele ist das Sortiment größer und wechselt je nach Saison.
Dort angeboten wird unter anderem ein Popcorn-Eis, wofür das Popcorn vor Ort im Kino hergestellt wird. Da die Eisproduktion morgens zwischen acht und zehn beginnt, kann Giovanni Stefano Toccori dafür das verbliebene Popcorn aus dem Popcornwärmer verwenden, das am Vorabend nicht abverkauft worden ist. „Eis stellen wir hauptsächlich in den Morgenstunden her“, erklärt Leo Stürtz. „So können wir den Strom der Photovoltaikanlage nutzen, den wir im Kino noch nicht benötigen.“
In der Sommersaison wird das Sortiment auf fruchtigere Sorten umgestellt und die Eisfreunde haben täglich geöffnet. „Nach der ersten besucherstarken Vorstellung bilden sich bei uns Schlangen vor der Eisdiele“, berichtet der Geschäftsführer Moritz Stürtz. „Oft werde ich gefragt ob unser Eis dick macht, wenn man es isst“, fügt sein Vater Leo Stürtz hinzu. „‚Nein‘ sage ich. Zwei, drei Kugeln sind kein Problem – man muss nur eine Hauptmahlzeit weglassen.“