Das Cinecitta heizt und kühlt 23 Kinosäle per Wärmepumpe
Best Practice-Beispiel
Deutschlands größtes Multiplexkino Cinecitta, das auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern über 23 Kinosäle sowie mehrere Restaurants und Bars verfügt, kommt beim Heizen nahezu ohne fossile Brennstoffe aus. „Unsere Kinosäle werden mit einer Grundwasserwärmepumpe beheizt, die im Sommer auch zur Kühlung eingesetzt wird“, erklärt Wolfram Weber, Inhaber des Cinecitta in Nürnberg. Das Prinzip einer Wärmepumpe sieht vor, der Luft, dem Boden, dem Grund- oder Flusswasser mit Hilfe von Wärmetauschern Wärme zu entziehen, die im Gerät auf ein passendes Temperaturniveau gebracht wird. In Anbetracht der steigenden Kosten für Öl und Gas rechnen sich Wärmepumpen über die Betriebsjahre hinweg und sind in Neubauten inzwischen Standard.
Die stark gestiegenen Preise für Erdgas haben für den Kinobetreiber den Ausschlag gegeben, die beiden Blockheizkraftwerke abzuschalten. „Die Kraft-Wärme-Kopplung war für uns eine Brückentechnologie“, sagt Wolfram Weber. „Durch das günstige Erdgas hatten wir einen Strompreis von etwa zehn Cent und teilweise sogar niedriger. Heizung und Kühlung waren dabei kostenlose Abfallprodukte.“ Als Backup-Lösung für das BHKW, mit dem im Fall einer Wartung oder eines Ausfalls keine Kälteerzeugung mehr über die Absorptionskältemaschine erfolgen kann, wurde im Cinecitta eine zusätzliche Kältemaschine installiert, um damit die Kühlung der Kinosäle sicherzustellen.
Diese Wärmepumpe kann sowohl Kälte als auch Wärme produzieren. Um sie zur Beheizung der Kinosäle nutzen zu können, mussten einige Ventile umgebaut werden. Wenn die Außentemperatur unter 18 Grad Celsius sinkt, schaltet die Anlage vollautomatisch auf den Wärmebetrieb um. Dabei wird die Wärme mit einer Vorlauftemperatur von rund 43 Grad über den Kältekreislauf der Lüftungsanlage in die Säle geführt. Sofern die Außentemperatur über 18 Grad liegt, steht über die Wärmepumpe Kühlung zur Verfügung. „Da die Spreizung von der Vorlauftemperatur und der Rücklauftemperatur gering ist, müssen die Kälteregister entsprechend groß sein, damit die Kälte effizient in die Kinos geleitet werden kann“, erläutert Wolfram Weber.
Die Wärme- bzw- Kältezufuhr erfolgt mit einer Wasserwärmepumpe, die auf das Wasser in einem Brunnen in sechzig Meter Tiefe zugreift, in den Trinkwasser aus dem Sandstein hineinläuft. „Der Brunnen befindet sich in einem ehemaligen Bunker und besaß früher eine Tiefe von über hundert Metern“, berichtet der Cinecitta-Chef. „Da es unterhalb der mehr als hundert Meter dicken Sandsteinschicht im Boden eine stark wasserführende salzhaltige Schicht gibt und sich die beiden Wasserschichten vermischt hatten, mussten wir den Brunnen auf sechzig Meter Tiefe versiegeln.“ Das Wasser aus dem Brunnen wird nach oben gepumpt, wo die Wärmepumpe ihm einen Teil der thermischen Energie entzieht.
„Eine Wasserwärmepumpe ist deutlich effizienter als zum Beispiel eine Luftluftwärmepumpe, weil nur Strom für die Umwälzung des Wassers benötigt wird“, sagt der Kinobetreiber. Der Strom für die Wasserwärmepumpe, die über eine Wärmeleistung von 250 kW verfügt, stammt zum Teil aus der Photovoltaik-Anlage des Cinecitta. Mit den 800 Solarmodulen auf den Dachflächen des Multiplex-Komplexes werden im Jahr rund 200.00 kW Strom erzeugt, was etwa zehn Prozent des jährlichen Gesamtstrombedarfs deckt.
Für den Fall, dass die Beheizung der Kinosäle mit der Wärmepumpe nicht ausreicht, ist eine zusätzliche Beheizung über das normale Heizregister in den Lüftungen möglich, welches über Fernwärme betrieben wird. Die Fernwärmenutzung steht erst an dritter Stelle nach der Wärmepumpe.
Die erste Priorität ist die Wärmerückgewinnung, denn jeder Kinogast bringt praktisch einen Brikett mit.Wolfram Weber, Inhaber des Cinecitta Multiplexkinos in Nürnberg
Die Körperwärme, die ein Mensch abgibt, liegt zwischen 100 und 200 Watt in der Stunde. „Je spannender der Film ist, umso mehr Wärme wird abgegeben, die wir über die Wärmerückgewinnungs-Anlage zurückgewinnen.“ Die RLT-Anlage, die über einen Wirkungsgrad von rund achtzig Prozent verfügt, heizt den Zuluft-Strom wieder auf. „Wenn knapp zwanzig Prozent der Plätze besetzt sind, reicht bei einer entsprechenden Außentemperatur die Körperwärme aus, so dass wir gar keine Heizung benötigen.“
Mit einer Wärmepumpe zu heizen, hält der Kinobetreiber für die effizienteste Lösung, die sich angesichts der steigenden Kosten für fossile Brennstoffe auch wirtschaftlich rechnet. „Wir haben auch unsere Kinos Metropolis, Manhattan und Meisengeige jeweils mit einer Wärmepumpe, einer Photovoltaik-Anlage sowie einem Stromspeicher ausgestattet“, berichtet Wolfram Weber.