EU-Parlament stimmt für Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie

Die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden soll dafür sorgen, dass der Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen im europäischen Gebäudesektor bis 2030 reduziert werden. Bis zum Jahr 2050 wird die Klimaneutralität angestrebt. Um diese Zielsetzungen zu erreichen, sollen Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz zuerst renoviert werden. Nachdem das Europäische Parlament der vorgeschlagenen Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden zugestimmt hat, muss diese noch vom EU-Ministerrat gebilligt werden, um in Kraft treten zu können.

 

Neubauten sollen bereits ab 2030 emissionsfrei sein. In Deutschland gilt bislang das am 1. Januar 2024 in Kraft getretene Gebäudeenergiegesetz (GEG), nach dem ein Anteil von maximal 35 Prozent an fossilen Brennstoffen zugelassen ist. Die EU-Vorgaben sind strikter. Neu gebaute öffentliche Gebäude sollen schon ab 2028 emissionsfrei sein. Dabei können die Mitgliedstaaten das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial eines Gebäudes berücksichtigen, das die für den Bau eingesetzten Produkte von der Herstellung bis zur Entsorgung umfasst. Am Frauenhofer-Institut für Bauphysik (BIP) wird seit Jahren an der Entwicklung klimaneutraler Baustoffe gearbeitet. Das im Beton eingesetzte Zement erweist sich als ein Klimakiller, der für acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist.

 

Zum hohen CO2-Ausstoß bei der Zementherstellung tragen vor allem zwei Prozesse bei. Bei der Produktion von Calciumoxid, dem Hauptbestandteil des Zements, wird aus dem Calciumcarbonat des Kalksteins Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Ein weiterer CO2-Ausstoß erfolgt durch die Beheizung des Drehrohrofens mit fossilen Energien bei Temperaturen von 1.450 Grad Celsius. Um eine klimaschonendere Betonherstellung zu bewerkstelligen, werden verschiedene Maßnahmen erprobt. Dazu gehören unter anderem eine Abkehr von fossilen Energien, das Betonrecycling zur Rückgewinnung des Baumaterials sowie die Reduzierung des Zementanteils durch tonbasierte Baustoffe. Bereits die Römer haben Beton ohne Zement hergestellt. Da ein Teil dieses Know-hows verloren gegangen ist, sind die Wissenschaftler*innen bemüht, dieses Wissen wieder zu rekonstruieren.

Für Bestandsgebäude gilt es, den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch mit entsprechenden Maßnahmen zu senken. Im Bereich der Nichtwohngebäude, zu denen auch Kinos gehören, werden nach der neuen Richtlinie die Häuser mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz (Worst Performing Building) zuerst adressiert. Die Mitgliedstaaten sind gefordert, bis zum Jahr 2030 sechzehn Prozent der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz sanieren zu lassen. Bis 2033 sollen 26 Prozent der Nichtwohngebäude mit der geringsten Energieeffizienz renoviert werden.

 

Hinzu kommt eine Solarpflicht für öffentliche Gebäude und Nichtwohngebäude, die bis 2030 schrittweise umgesetzt werden soll. Die Mitgliedstaaten müssen zudem Maßnahmen zur Dekarbonisierung von Heizungsanlagen ergreifen, die zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bei der Wärme- und Kälteversorgung führen.

In der EU soll es im Jahr 2040 keine Heizkessel mehr geben, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.

Ab 2025 ist es den EU-Mitgliedsstaaten untersagt, eigenständige mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizkessel zu subventionieren. Weiterhin gefördert werden hingegen hybride Heizsysteme wie beispielsweise Heizkessel, die mit Wärmepumpen oder Solarthermie-Anlagen kombiniert werden. In Deutschland sind die Vorgaben zum Ausstieg aus fossilen Heizanlagen mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zum Teil umgesetzt worden. Bisher dürfen dem aktuellen GEG zufolge Heizkessel in Deutschland noch bis zum 31. Dezember 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.

 

Da die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie zwei Jahre nach dem Inkrafttreten in den nationalen Gesetzgebungen umgesetzt werden muss, wird eine weitere Novellierung des GEG erforderlich. Wie das GEG sieht auch die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden Ausnahmen für denkmalgeschützte Gebäude vor. Gebäude, die aufgrund ihres besonderen architektonischen oder historischen Wertes geschützt sind, sollen nicht diesen Vorschriften unterliegen.

In einem klimaneutralen Europa müssen wir in der Lage sein, unsere Gebäude mit minimalen Emissionen zu heizen und zu kühlen. Wopke Hoekstra, EU-Kommissar für Klimapolitik

Die erforderlichen Technologien zur Dekabonisierung von Gebäuden sind vorhanden. „Nun müssen wir das Geschäftsumfeld zur Förderung energetischer Renovierungen verbessern“, betont der EU-Kommissar für Klimapolitik. „Die neue Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden trägt dazu bei, zusätzliche Finanzmittel zu mobilisieren und die Wertschöpfungsketten im Baugewerbe anzukurbeln. Gemeinsam können wir Hauseigentümer und Unternehmen dabei unterstützen, durch Renovierungen Kosten zu senken und sich auf eine klimaneutrale Zukunft vorzubereiten.“

 

Der Gesetzesvorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden ist Teil des Fit für 55-Pakets, das eine Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent bis zum Jahr 2030 vorsieht. Durch das im Juli 2021 in Kraft getretene europäische Klimagesetz sind die Ziele für 2030 und für 2050 EU-weit rechtsverbindlich. Die EU-Kommission muss im Hinblick auf die für 2050 angestrebten Ziele alle fünf Jahre prüfen, ob die Maßnahmenentwürfe und entsprechenden Haushaltsvorschläge der Migliedsstaaten mit den Zielen der Klimaneutralität vereinbar sind.