EU-Verpackungsverordnung und die Verhandlungen über Mehrwegquoten

Mit der EU-Verpackungsverordnung (EU-VerpackVO) strebt die Europäische Kommission an, das Verpackungsaufkommen in der EU zu reduzieren und die Wiederverwendung von Verpackungen zu steigern. Ob Einwegverpackungen für Popcorn und Nachos künftig von der Concession-Theke verbannt werden müssen, hängt von den EU-Trilogverhandlungen ab. Im EU-weiten Durchschnitt ist der Verpackungsabfall von 151 kg je Einwohner*in 2006 bis 2020 auf 180 kg angestiegen. Deutschland ist mit 226 Kilo pro Kopf der Europameister des Verpackungsmülls. Sofern das Verpackungsaufkommen nicht durch gesetzliche Rahmenbedingungen eingedämmt wird, ist bis 2030 ein weiterer Anstieg auf 209 kg je Einwohner*in zu erwarten.

 

Für Kunststoffverpackungen wird bis zum Jahr 2040 eine Zunahme um 61 Prozent prognostiziert. Auf Verpackungen entfallen 40 Prozent des Primärkunststoff- und 50 Prozent des Primärpapierverbrauchs. Bereits heute bestehen mehr als ein Drittel der festen Siedlungsabfälle aus Verpackungmaterial. Bislang gilt in der EU die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle 94/62/EG (VerpackRL), die es den einzelnen EU-Ländern überlässt, konkrete Maßnahmen zur Reduzierung des Verpackungsmüll zu ergreifen. Dadurch gibt es in Europa eine Vielzahl unterschiedlicher Vorgaben, die Unternehmen berücksichtigen müssen.

 

Im Zuge des Europäischen Green Deals soll die bestehende Abfallregulierung in eine EU-Verpackungsverordnung (EU-VerpackVO) überführt werden, die auf eine Kreislaufwirtschaft abzielt. Mit dieser Reform wird zugleich der Rechtszersplitterung im EU-Binnenmarkt entgegengewirkt. Die vereinheitlichten Regelungen für den Umgang mit Verpackungen und Verpackungsabfällen können allerdings dazu führen, dass einzelne EU-Staaten keine höheren Anforderungen an die Umweltverträglichkeit der Verpackungen erlassen dürfen.

Nachdem die EU-Kommission Ende 2022 ihren Entwurf zu einer EU-Verpackungsverordnung (EU-VerpackVO-E) vorgelegt hat, wurde im Oktober 2023 im Umweltausschuss des EU-Parlaments darüber abgestimmt. Die Maßnahmen zur Förderung von Mehrwegverpackungen sind dabei weit hinter den Vorschlägen der EU-Kommission zurückgeblieben. Mehrwegquoten für Takeaway-Verpackungen, die auch für  Nacho- und Popcorn-Verpackungen an der Concession-Theke im Kino gegolten hätten, wurden gestrichen. Auch der Kommissionsvorschlag, Mehrwegquoten für Getränkeproduzenten vorzugeben, wurde im Umweltauschuss vom Tablett genommen.

 

Das EU-Parlament hat am 22. November 2023 die überarbeiteten Regeln zur Reduzierung, Wiederverwendung und Wiederverwertung von Verpackungen akzeptiert. Danach wird angestrebt, unnötige Verpackungen bis 2030 um fünf Prozent zu reduzieren. Diese Quote soll bis 2035 um zehn Prozent und bis 2040 auf fünfzehn Prozent erhöht werden. Zudem sollen gesundheitsgefährdende Substanzen wie per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) und Bisphenol A nicht mehr in Lebensmittelkontaktverpackungen eingesetzt werden.

 

Die als Teflon-Gift bekannte „ewige Chemikalie“ wird aufgrund ihrer feuchtigkeits-, fett- und schmutzabweisenden Barrierefunktion häufig zur Beschichtung von Papiertrinkhalmen, Coffee-to-Go-Bechern oder Pizza-Kartons verwendet. Die Industriechemikalie besitzt lebertoxische, krebserregende und fortpflanzungsgefährdende Eigenschaften. Bisphenol A (BPA) wird unter anderem zur Herstellung von Kunststoffflaschen und zur Beschichtung von Konservendosen benutzt. Die EU-Chemikalienverordnung REACH hat diese Substanz in die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe aufgenommen.

 

Bezüglich der Kunststoffverpackungen plädiert das EU-Parlament für eine Reduzierung um zehn Prozent bis 2030, die bis 2035 auf fünfzehn Prozent und bis 2040 auf zwanzig Prozent aufgestockt werden soll. Eine neue Regelung soll hinsichtlich der Wiederverwendung und Wiederbefüllung von Verpackungen gelten.

Letztvertreiber*innen von Getränken und Speisen zum Mitnehmen in der Gastronomie wie Cafés, Restaurants und Kinos sollen den Verbrauchern die Möglichkeit geben, ihr eigenes Behältnis mitzubringen.

„Dringend notwendige Einweg-Verbote für Obst- und Gemüseverpackungen im Supermarkt oder den Vor-Ort-Verzehr in der Gastronomie wurden komplett gestrichen“, kritisiert Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Außerdem wurden weitere Schlupflöcher für Einweg-Papierverpackungen geschaffen. Dadurch fällt kein Gramm weniger Müll an. Nun kommt es erst recht darauf an, dass der Rat der EU im Dezember ambitionierte Mehrwegvorgaben vorschlägt. Deutschland trägt dabei eine besondere Verantwortung, da wir europaweit mit am meisten Verpackungen verbrauchen.“

 

Nach der Annahme des Gesetzentwurfs im EU-Parlament folgen die Verhandlungen mit den EU-Mitgliedstaaten. Der Umweltrat der EU will seine Position im Dezember beschließen. Im Anschluss daran werden die Europäische Kommission, das EU-Parlament und der EU-Umweltrat im Trilog über die Verpackungsverordnung verhandeln, die um noch in dieser Legislaturperiode des EU-Parlaments abgestimmt werden soll.