ifeu-Studie: Große Unterschiede bei der Klimaschädlichkeit von LNG

Die Bereitstellung von Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas – LNG) und Pipeline-Erdgas belastet das Klima viel stärker als bislang angenommen, wie der Bericht Analyse der Treibhausgasintensitäten von LNG-Importen nach Deutschland aufzeigt, den das Institut für Energie-und Umweltforschung (ifeu) im Auftrag der Wissenschaftsplattform Klimaschutz, einem Beratergremium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, vorgenommen hat. Um die Erdgasversorgung in Deutschland und Europa sicherzustellen, werden sowohl in den Förderländern als auch in Deutschland erhebliche Investitionen in die Förder-, Aufbereitungs- und Transportinfrastruktur von verflüssigtem Erdgas getätigt.

 

LNG ist flüssiges Erdgas, das bei Temperaturen um –162 °C als verflüssigter Energieträger aufgrund des Expansionsverhältnis von 1:600 von flüssigem zu gasförmigem Stoff sehr effizient gelagert und transportiert werden kann. Im Unterschied zu konventionellem Erdgas besitzt LNG einen höheren Methangehalt von 98 Prozent. Da zu erwarten ist, dass LNG für die deutsche Energieversorgung dauerhaft eine größere Rolle spielen wird, haben die ifeu-Wissemschaftler Daniel Münter und Axel Liebich untersucht, welche Umwelt- und Klimaauswirkungen mit der Neuausrichtung auf LNG verbunden sind. Die Treibhausgasemissionen, die aus der Förderung und Aufbereitung von LNG resultieren, unterscheiden sich hinsichtlich der Herkunftsregionen sowie der jeweiligen Transportart. Zudem sind die Methanemissionen der Öl- und Gasförderung bislang systematisch unterschätzt worden.

 

Bislang lagen zur Berechnung der Vorkette, welche die Förderung, Aufbereitung, Verflüssigung und den Transport des Gases umfasst, nur Schätzwerte vor. Umfassende Berechnungen auf Basis von Studien, Hochrechnungen, Satellitendaten sowie Messdaten aus den USA zeigen, dass die Vorkettenemissionen im Vergleich zur späteren Verbrennung des Gases in Kraftwerken und Heizungen erstaunlich hoch sind. Bis zu 50 Prozent zusätzlicher Klimaemissionen entstehen bei der Förderung, Aufbereitung und dem Transport. Die Verflüssigung des Gases zu LNG erfordert große Mengen Energie, die erhebliche Emissionen verursacht.

Hinzu kommt, dass entlang der Prozesskette klimaschädliches Methan entweicht, das bis zu einem Drittel der Vorkettenbelastung betragen kann. Das Gas tritt weitgehend unbemerkt aus defekten Anlagen aus oder wird sogar absichtlich bei der Wartung von Pipelines und Bohrlöchern abgelassen. Ein Kilo dieses geruchs- und farblosen Gases heizt die Erdatmosphäre etwa 28 Mal so stark auf wie ein Kilo CO2. Dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zufolge können Methanemissionen entlang der gesamten Lieferkette von der Förderung bis zum Endverbraucher entstehen, z. B. an undichten Ventilen oder Leitungsverbindungen sowie bei Instandhaltungsmaßnahmen an Erdgasleitungen.

 

Anhaltspunkte über die entwichenen Methanmengen liefert seit 2017 der Satellit Sentinel 5P, der täglich die Methankonzentration in der Erdatmosphäre misst. Der von Menschen verursachte Methan-Ausstoß liegt pro Jahr bei rund 370 Millionen Tonnen. Internationalen Forschungsteams zufolge gehen rund 25 Prozent des menschengemachten Methans auf das Konto der globalen Öl- und Gasindustrie.

 

Methanemissionen sind nicht die einzigen umweltbelastenden Faktoren bei der Erdgas- und Erdölförderung. Dabei kommen zudem fossile Brennstoffe für die Stromerzeugung mit Aggregaten, den Transport, die Förderung sowie die Verflüssigung und Verdichtung des Erdgases in Kompressoren zum Einsatz. Wie effizient das Erdgas verbrannt wird, hängt davon ab, wie modern die jeweils eingesetzte Technologie ist. Während die Vorkette für Pipelinegas aus Norwegen bei nur etwa 3 g CO2e/MJ liegt, fallen in Algerien pro Energieeinheit (Megajoule Heizwert des Erdgases) rund 27 Gramm CO2-Äquivalente Vorkettenemissionen an.

 

Bei der Verbrennung einer Energieeinheit Erdgas im Kraftwerk oder einer Heizung werden ungefähr 56 Gramm CO2-Äquivalente freigesetzt, die bei der Ökobilanzierung zu den Vorkettenemissionen hinzu gerechnet werden müssen. Den Berechnungen des ifeu-Instituts zufolge liegen die Vorkettenemissionen von LNG aus Katar bei 18 Gramm und von LNG aus den Vereinigten Staaten bei 23 Gramm CO2-Äquivalenten pro Energieeinheit. Das Pipelinegas aus Russland habe aufgrund der Methanemissionen und Energieaufwendungen durch den langen Transport in der Pipeline in derselben Größenordnung gelegen.

Deutschland und die EU sollten dringend eine saubere und emissionsarme Erdgasförderung in Ländern wie Algerien, Katar, Nigeria und den USA einfordern. Zum Beispiel, indem sie Vorgaben zu den Förderbedingungen erarbeiteten und regelmäßige Kontrollen an Anlagen zur Vertragsbedingung machten. Daniel Münter, ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung, Heidelberg