Leitfaden zur Klimabilanzierung für Kinos

Das AG Kino-Projekt Kino Natürlich hat mit Unterstützung des Kooperationspartners Lust auf besser Leben einen Leitfaden zur Erstellung einer CO2-Bilanz für Kinos entwickelt, in dem erläutert wird, wie eine Klimabilanz aufgebaut ist und für welche Bereiche die CO2-Äquivalente erfasst werden. Zu den energiezehrendsten Verbrauchern im Filmtheater gehören traditionell die Heizung sowie raumlufttechnische Anlagen.

 

Bei der Klimabilanzierung nach dem Greenhouse Gas Protocol (GHG) erfolgt eine Aufteilung in drei verschiedene Bereiche, sogenannte Scopes, die nach direkten Emissionen, energiebedingten indirekten Emissionen sowie sonstigen indirekten Emissionen differenziert werden. In die Berechnung des CO2-Fußabdrucks eines Kinos einbezogen werden nicht nur der Strom- und Wärmebedarf für den Betrieb, sondern auch Werbematerialien, Concession-Produkte sowie die Anreise von Mitarbeiter*innen und Besucher*innen.

 

Die Anreise des Publikums, die optional in Scope 3 zu erfassen ist, stellt in den Klimabilanzen von Kinos oftmals den größten Posten dar. Einer Studie des französischen The Shift Project zufolge ist die Anreise der Zuschauer*innen für mehr als 88 Prozent aller CO2-Emissionen im Kinobetrieb verantwortlich. Wenn bei einer Klimabilanzierung keine Differenzierung vorgenommen werden kann, ob sich ein Kinostandort mitten in der Stadt oder auf dem Lande befindet, erweist sich eine Vergleichbarkeit der Klimabilanzen von Kinos an unterschiedlichen Standorten als nicht sehr aussagekräftig oder kann sogar zu einer Verzerrung der Resultate führen.

Eine Klimabilanz kann anhand der Rechnungen Aufschluss über den Energie- und Stromverbrauch geben, aber auch über den CO2-Fußabdruck durch Geschäftsreisen oder den Verbrauch von Materialien im Büro. Allerdings kommt die Klimabilanz aufgrund fehlender Daten in einigen Bereichen an ihre Grenzen. Beim DCP-Versand per Server kann der im Kino entstandene Strombedarf bilanziert werden, aber für den Energiebedarf des Rechenzentrums für das Cloud-Hosting gibt es nur grobe Schätzungen.

 

Die Erhebung von CO2-Emissionen, die aus der Nutzung von Energie, Wasser, Material und Abfall resultieren, bildet eine Grundlage, um Problembereiche zu erkennen und optimieren zu können. International anerkannte Umweltmanagementsysteme sind nach dem PDCA-Zyklus aufgebaut, der aus den vier Schritten Plan – Do – Check – Act besteht. Der PDCA-Zyklus, der auf dem Ansatz des amerikanischen Physikers William Edwards Deming basiert, wird als universelles Modell zur Optimierung des Qualitätsmanagements in Unternehmen eingesetzt. Unternehmen, die nach den Umweltmanagementsystemen ISO 50001 oder EMAS zertifiziert sind, müssen kein verpflichtendes Energieaudit vornehmen.

 

Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten oder einem Jahresumsatz von mehr als 50 Mio. Euro (Nicht-KMUs) sind verpflichtet, mindestens alle vier Jahre ein Energieaudit von qualifizierten Experten vornehmen zu lassen, um Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und der Reduzierung von Energiekosten zu ermitteln. Durch das Energieaudit wird festgestellt, wie viel Energie an welchen Stellen im Unternehmen verbraucht wird und in welchen Bereichen es Einsparpotenziale gibt. Nicht-KMUs mit einem Jahresgesamtenergieverbrauch von unter 500.000 Kilowattstunden können ihre Angaben zu Energieverbräuchen über eine vereinfachte Online-Erklärung abgeben, in der sie dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Eckdaten des Audits melden.

 

Den rechtlichen Rahmen dafür bildet die EU-Energieeffizienz-Richtlinie, die dazu beitragen soll, das europäische Energieeinsparziel zu erreichen. In Deutschland sind die Ziele zur Steigerung der Energieeffizienz 2015 mit dem Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) in nationales Recht umgesetzt worden. Mit der 2019 in Kraft getretenen Novellierung des Energiedienstleistungsgesetzes (EDL-G) ist zur Vermeidung unwirtschaftlicher Energieaudits die Bagatellgrenze eingeführt worden, deren Einhaltung ebenfalls nachzuweisen ist. Die stichprobenhafte Überprüfung der Energieaudits erfolgt durch das BAFA, das eine öffentliche Liste von Experten bereitstellt, die über die erforderliche Qualifikation verfügen, um das Energieaudit nach § 8 des EDL-G vorzunehmen.