Studie: Mehr Verpackungsabfall durch Papierverbunde

Ob im Bio-Laden oder an der Concession-Theke im Kino – bei den Serviceverpackungen von Bio-Artikeln und hochpreisigen Lebensmitteln geht der Trend zu Papierverbunden, die den Verbraucher*innen eine bessere Umweltverträglichkeit suggerieren. Eine ökologische Gestaltung von Verpackungen ist jedoch nur gegeben, sofern die eingesetzten Materialien eine hohe Recyclingfähigkeit besitzen. Durch die Definition von Mindeststandards soll beim Verpackungsdesign eine Wiedervertwertbarkeit ermöglicht werden.

 

Verpackungen aus Papierverbunden, zu denen kunststoffbeschichtete Papierverpackungen gehören, können nicht vollständig wiederverwertet werden. Das Umweltbundesamt empfiehlt Verpackungen recyclingfähig zu gestalten, damit sich die darin befindlichen Materialien wiederverwerten lassen. Unternehmen sind deshalb gefordert, ihre Verpackungssortimente systematisch zu überprüfen und ökologisch zu optimieren.

 

Bei vielen Konsument*innen hat das EU-weite Einwegplastikverbot, das in Deutschland mit dem Inkrafttreten der Einwegkunststoffverbotsverordnung (EWKVerbotsV) am 3. Juli 2021 in nationales Recht umgesetzt worden ist, zu einer Sensibilisierung für die mit dem Plastikmüll verbundene Problematik beigetragen. Alternativlösungen wie Verpackungen aus Papierverbunden sind allerdings nur gefühlt umweltfreundlicher, denn sie besitzen sogar eine schlechtere Ökobilanz als vergleichbare Verpackungen aus sortenreinen Kunststoffen.

 

Die IK Industrievereinigung Kunststoffe e.V., welche die Interessen der deutschen Kunststoffverpackungsindustrie vertritt, hat bei der GVM Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung eine Studie über die Substitution von reinen Kunststoffverpackungen durch Papierverbunde in Auftrag gegegen. Als Papierverbunde definiert sind darin alle kunststoffbeschichteten Papierverpackungen mit oder ohne Aluminium, auch wenn der Papieranteil über 95 Prozent liegt.

Bei den Verbundverpackungen ist in der Regel nur der Faseranteil recyclingfähig, der über 70% liegt. Die übrigbleibende Kunststoffbeschichtung wird hingegen der energetischen Verwertung zugeführt. Zudem wird kritisiert, dass das faktische Recycling des Faseranteils längst nicht der theoretischen Recyclingfähigkeit entspreche, sondern die Papierverbunde  zunehmend zu Problemen beim Altpapier-Recycling führten.

 

„Der Ersatz von Kunststoffverpackungen durch Papierverbunde ist Greenwashing. Wenn es bei der Verpackung auf die besonderen Eigenschaften des Materials Kunststoff ankommt, dann sollte auf Papierfasern komplett verzichtet werden und eine voll recyclingfähige Kunststoffverpackung gewählt werden”, erklärt Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V.

 

Im Rahmen ihrer Studie prognostiziert die GVM, dass die Substitution durch Papierverbunde bis 2025 zu einem höheren Aufkommen von Verpackungsabfall führen werde. 2020 haben die privaten Haushalte in Deutschland rund 271.000 Tonnen papierbasierte Verbundverpackungen verbraucht. Die GVM geht davon aus, dass bis 2025 weitere 60.900 Tonnen Kunststoffverpackungen durch 85.5oo Tonnen Papierverbunde substituiert werden, wodurch sich das Abfallaufkommen bis 2025 um 25.000 Tonnen erhöhen würde. Dies bedeute, dass 40 Prozent mehr Verpackungsmaterial benötigt würden, um die gleiche Menge an Produkten zu verpacken.

 

Sowohl das Recycling von Papierverbunden als auch das von Kunststoffen ist mit einem entsprechenden  Energie- und Ressourcenverbrauch verbunden. Das Umweltbundesamt hält es deshalb für dringend geboten, das Angebot von unverpackten Waren und Mehrwegangeboten auszuweiten. Je selbstverständlicher abfallvermeidende Mehrwegsysteme sind, desto leichter wird es auch für Bürger*innen auf Einwegverpackungen zu verzichten.

 

Wir benötigen nicht mehr und nicht weniger als eine grundsätzliche Umkehr, um das Aufkommen an Verpackungsabfall absolut zu reduzieren. Lilian Busse, Vizepräsidentin, Umweltbundesamt