Zeitenwende beim Zuckerkonsum

Kleine Snacks und Softdrinks gehören für viele Besucher*innen zum Kinogenuss. Mit Knabberartikeln und Süßwaren lassen sich besonders hohe Umsatzrenditen erwirtschaften. Doch zuviel Zucker macht krank. Die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisiert, dass insbesondere Limonaden, Eistee und Cola “völlig überzuckert“ seien und nur eine Sondersteuer die Hersteller dazu bringen könne, ihre Produkte weniger stark zu zuckern. Schon der Inhalt einer Getränkedose enthalte die Menge an Zucker, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Tagesdosis empfohlen werde. Durch diesen flüssigen Zucker werden zusätzliche Kalorien aufgenommen, die jedoch keine Sättigung bewirken.

 

Vor den Folgen eines überhöhten Zuckerkonsums, der das Diabetes-Risiko erheblich steigert und zu starkem Übergewicht führen kann, warnen Medizinerverbände wie die Deutsche Diabetesgesellschaft (DGG) und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. In Deutschland sind mehr als sechs Millionen Menschen an Diabetes erkrankt und laut DGG kommen jedes Jahr rund 300.000 hinzu. Fast ein Viertel der Erwachsenen gilt als adipös – Tendenz steigend. Um auf die Risiken hinzuweisen, die mit stark zuckerhaltigen Produkten verbunden sind, veranstaltet der Verband für Ernährung und Diätetik e.V. (VFED) jedes Jahr am 7. März den „Tag der gesunden Ernährung“.

 

Während in einigen europäischen Ländern wie England, Frankreich, Norwegen und Portugal Steuern auf Getränke mit zugesetztem Zucker erhoben werden, gibt es in Deutschland gesetzlich vorgeschriebene Mindestmengen für den Zuckeranteil in bestimmten Produkten. Laut der Leitsätze für Erfrischungsgetränke des Deutschen Lebensmittelbuches müssen Limonaden einen Gesamtzuckergehalt von mindestens sieben Gewichtsprozent aufweisen. Eine Begrenzung nach oben gibt es hingegen nicht.

Schokolade, die zu 100 Prozent aus Kakao besteht, darf nur als solche bezeichnet werden, sofern sie als Süßungsmittel Zucker enthält. Die Verordnung über Kakao- und Schokoladenerzeugnisse sieht neben Kakaomasse, Kakaopulver und Kakaobutter auch Zucker als Zutat zwingend vor. Welches Süßungsmittel als Zucker definiert wird, ist in der Zuckerartenverordnung festgelegt. Der Kakaoverordnung zufolge fallen darunter auch andere Zuckerarten als die, welche in der Zuckerartenverordnung aufgeführt sind. Dennoch darf ein Produkt, das anstelle von Zucker natürlichen Kakaosaft zum Süßen verwendet, nicht als Schokolade vermarktet werden.

 

Dem Bundeszentrum für Ernährung zufolge gibt es für Zucker mehr als 70 verschiedene Bezeichnungen. Die Hersteller sind verpflichtet, Begriffe wie etwa Dextrose, Fruktose, Glukose, Invertzuckersirup oder Saccharose in der Zutatenliste anzugeben. Laut einer Untersuchung an der SRH Fernhochschule würde schon eine Steuer in Höhe von zehn Prozent auf zuckergesüßte Getränke deren Konsum um knapp 17 Prozent senken. Im Rahmen seiner Master-Thesis im Studiengang Business Administration hat Fabian Kaiser eine Online-Befragung mit über 600 Personen vorgenommen, die angegeben haben, dass eine Besteuerung zuckergesüßter Getränke zu einer deutlichen Reduktion ihres Konsums führen würde. „Die WHO empfiehlt eine Senkung des Zuckerkonsums um 20 Prozent“, sagt Dr. Michael Koch, Professor für Economics & Sustainability an der SRH Fernhochschule. „Das wäre bei Cola, Limo und Co. mit einer Besteuerung von 16,7 Prozent zu erreichen.“

 

Fast noch dringlicher sei eine bessere Aufklärung der Bevölkerung über die Folgen eines zu hohen Zuckerkonsums. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Werbung. Wie eine Studie der Universität Hamburg belegt, sieht ein Kind in Deutschland pro Tag fünfzehn Werbespots oder -anzeigen für ungesunde Lebensmittel. Die Werbung beeinflusst nicht nur die Ess- und Trinkgewohnheiten, sondern auch das Wissen über Nährwerte und die Verzehrmengen von Kindern. Schokoladenknöpfe mit Gesichtern und Kekse in Tierform sind dem Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) ein Dorn im Auge. Für die Marktstudie Kinderlebensmittel hat Foodwatch 283 Produkte unter die Lupe genommen, von denen 242 nicht den Nährwert-Empfehlungen der WHO entsprechen. Da über 85 Prozent dieser Produkte zu viel Zucker, Fett oder Salz enthalten, sollten sie nicht an Kinder beworben werden.