Ein Monitoringsystem für Mehrwegbecher

Beim Kinokongress in Baden-Baden können sich die Kinobetreiber*innen unter anderem über neue Lösungen zur Abfallvermeidung informieren. Die Kinos in Deutschland sind seit dem 1. Januar 2023 dazu verpflichtet, für die Getränke an der Concession-Theke Mehrweglösungen vorzuhalten. Mit der im Rahmen des Verpackungsgesetzes geregelten Mehrwegangebotspflicht sind in Deutschland die Vorgaben der europäischen Einwegkunststoffrichtlinie umgesetzt worden. Im Kinosektor hat diese Regelung dazu geführt, dass zahlreiche Filmtheater auf eine Einweglösung verzichten und nur noch Mehrwegbecher an der Concession-Theke anbieten.

 

Ein Vorreiter war die Kinopolis Management Multiplex GmbH, die bereits im November 2021 in allen sechzehn Häusern Mehrwegbecher für Softgetränke eingeführt hat. Das Mehrwegbechersystem wird den Gästen mit Hilfe von Hinweisschildern an der Kino-Theke, Kinospots auf der Leinwand und Bodenmarkierungen, die im Foyer den Weg zu der Rückgabestation weisen, vermittelt. Doch die Kreislaufwirtschaft läuft in vielen Kinos noch nicht richtig rund.

 

Längst nicht alle Mehrwegbecher landen in den Rückgabestationen. Die Materialverluste durch den Becherschwund konterkarieren nicht nur das Prinzip der Kreislaufwirtschaft, sondern verursachen auch einen ökonomischen Schaden. „Je größer die Kinos sind, desto höher ist die Schwundrate“, konstatiert der Kinobetreiber Sven Döding, der mit dem Unternehmen Mehrwegkonzepte Service GmbH zudem Mehrweglösungen für Filmtheater anbietet.

 

Um ein Monitoring über den Verbleib der Becher vornehmen zu können, erhalten die Mehrwegbecher nun einen RFID-Chip (Radio-Frequency Identification). Beim In-Mould-Labeling werden die etwa 1,5mm kleinen Chips mit ihrer hauchdünnen Antenne  in die Becher eingespritzt. Der kleine schwarze Kreis auf dem Becher ist für die Konsument*innen kaum erkennbar. Auf dem Chip werden Daten gespeichert, die sich über elektromagnetische Wellen von einem RFID-Reader auslesen lassen.

Neben der  sogenannten Quellensicherung, bei der ein Chip bereits bei der Herstellung in den Mehrwegbecher integriert wird, ist es auch möglich, den RFID-Chip nachträglich anzubringen. In dem Fall wird der Chip unten den Boden des Bechers geklebt, damit er nicht wahrgenommen wird. Der Sicherungs-Chip im Mehrwegbecher eröffnet verschiedene Möglichkeiten wie beispielsweise ein Tonsignal, das ertönt, wenn der Becher aus dem Kino mitgenommen wird. Ausgelöst wird der Warnton von einer Warensicherungsanlage am Ausgang.

 

Mit dem Chip in den Mehrwegbechern lässt sich zudem die Pfandabwicklung im Kino erleichtern. Beim Kauf eines Getränkes in der App wird das Pfand automatisch berechnet und der Mehrwegbecher bei der Abholung an der Kasse gescannt. Bei der Abgabe des Bechers wird dieser anhand des Chips in der Rückgabestation identifiziert und das erhobene Pfand dem Kinogast wieder gutgeschrieben.

 

Das Track-and-Trace-System ermöglicht es, einen digitalen Zwilling zu erstellen, um den gesamten Lebenszyklus eines Mehrwegbechers inklusive den Transporten sowie der Anzahl der Spülgänge zu erfassen. Diese Daten können beispielsweise für die Berechnung von CO2-Einsparungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung genutzt werden, zu der große Unternehmen im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet sind.

 

„Der Einsatz der RFID-Chips in den Mehrwegbechern beeinträchtigt nicht ihre Recyclingfähigkeit“, versichert Sven Döding. „Es bleibt den Kinos überlassen, wie sehr sie mit dem Bechersystem in die Tiefe gehen.“ Dank der Chips ist es beispielsweise möglich nachzuvollziehen, wo die Ware im Haus angeliefert worden ist. Sowohl die neuen Becher, die in den Markt gebracht werden, als auch die bisherigen Versionen werden mit einem Chip ausgestattet, da dies eine vollautomatisierte Erfassung bei der Abrechnung im Spülzentrum erlaubt.

 

Im Jahr 2023 sind im Spülzentrum in Bad Mergentheim 4,8 Millionen Becher gespült worden. Von den Filmtheatern wird der Spül-Service noch nicht stark in Anspruch genommen. Um für Groß-Events wie die Fußball-Europameisterschaft ausreichend Kapazitäten vorhalten zu können, hat sich das Unternehmen eine der leistungsstärksten Spül-Anlagen zugelegt.