EU-Lieferkettengesetz: Unternehmen haften für Konsequenzen ihres Handels

Die lustig bunten Schokolinsen an der Concession-Theke im Kino begeistern nicht nur Kinder, sondern die dafür verwendeten Kakaobohnen werden zum Teil auch von Kindern geerntet, wie investigative Recherchen des US-Senders CBS und dem Schweizer SRF belegen. Um Unternehmen künftig zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in ihren globalen Lieferketten zu verpflichten, ist in der Europäischen Union die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) beschlossen worden. Die europäische Lieferketten-Richtlinie soll dafür sorgen, dass die Umwelt- und Arbeitsbedingungen von Beschäftigten, die Produkte herstellen, künftig kontrolliert werden. Unternehmen, die gegen Umweltschutzauflagen oder Menschenrechte verstoßen, drohen Geldstrafen bis zu fünf Prozent ihres weltweiten Nettoumsatzes.

 

In diesem Punkt unterscheidet sich das EU-Lieferkettengesetz maßgeblich von dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), in dem die Haftbarkeit ausgeschlossen ist, wenn Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht verletzen. Das deutsche Lieferkettengesetz ist bereits 2023 in Kraft getreten und galt zunächst für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitenden. Da seit Anfang 2024 auch Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmer*innen im Inland unter das deutsche Lieferkettengesetz fallen, betrifft dies auch große Kinoketten.

 

In Deutschland sind die Unternehmen gefordert, ein wirksames Risikomanagement in alle maßgeblichen Geschäftsabläufe zu integrieren, um umweltbezogene und menschenrechtliche Risiken in der Produktions- und Lieferkette zu identifizieren. Die Festlegung der betriebsinternen Zuständigkeit für diese Risikoanalyse erfolgt durch die Benennung einer Person innerhalb des Unternehmens. Präventive Maßnahmen sind beispielsweise Kontrollen, die Implementierung geeigneter Beschaffungsstrategien oder die Vereinbarung entsprechender vertraglicher Menschenrechtsklauseln mit dem direkten Zulieferer. Bei den mittelbaren Zulieferern besteht ebenso Handlungsbedarf, sofern aufgrund der Herkunftsländer von Rohstoffen und Vorlieferanten Anhaltspunkte für mögliche Menschenrechtsverletzungen vorliegen. Durch ein Beschwerdeverfahren muss den Betroffenen ermöglicht werden, auf Risiken und Verletzungen hinzuweisen.

Die Unternehmen sind verpflichtet fortlaufend zu dokumentieren, dass sie ihre Sorgfaltspflichten erfüllen. Dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) muss jährlich ein Bericht vorgelegt werden, der u.a. Aufschluss darüber gibt, ob die Prüfung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken erfolgt und wie die Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen zu bewerten ist. Der Bericht muss spätestens vier Monate nach Ende des letzten Geschäftsjahres beim BAFA eingereicht und auf der Website des Unternehmens publiziert werden. Die dort aufgeführten Angaben können auch zur Erfüllung der CSR-Berichtspflicht verwendet werden.

 

Die EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen (CSDDD) tritt zwanzig Tage nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft und muss in den EU-Mitgliedsstaaten binnen zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Durch den stufenweisen Ansatz werden zunächst nur Unternehmen mit über 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro weltweitem Nettoumsatz adressiert. Ab 2029 gilt das Gesetz auch für in der EU-ansässige Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von mindestens 450 Millionen Euro.

 

Die Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie ihre Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette erfüllen. Dies gilt sowohl für vorgelagerte Tätigkeiten zur Herstellung von Produkten oder Erbringung von Dienstleistungen von direkten sowie indirekten Geschäftspartnern. Bei nachgelagerten Tätigkeiten ist die Kontrollpflicht auf den Vertrieb, Transport und die Lagerung im Auftrag des Unternehmens beschränkt.

 

Sofern es sich bei einem direkt betroffenen Unternehmens um ein KMU handelt, muss dieses zur Sicherung der Sorgfaltspflichten Unterstützung vom Auftraggeber erhalten. Die Einhaltung und Umsetzung der Sorgfaltspflichten beinhaltet, einmal im Jahr alle direkten oder indirekten Geschäftsbeziehungen zu überprüfen, die einen bedeutenden Teil der Wertschöpfungskette darstellen. Dabei sind strengere Menschenrechts- und Umweltabkommen zu beachten als im deutschen Lieferkettengesetz.

In der EU-Richtlinie sind explizit Verbote von Kinder- und Zwangsarbeit aufgeführt. Zudem muss ein Verhaltenskodex erstellt werden.

Die Richtlinie sieht keine zusätzlichen Berichtspflichten für Unternehmen vor, die mit der Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichtes bereits die Vorgaben der Corporate Sustainability Reporting Richtlinie (CSRD) erfüllen. Alle anderen Unternehmen müssen analog zu den Vorgaben des deutschen Lieferkettengesetzes jährlich über ihre Aktivitäten berichten und eine Erklärung auf ihrer Webseite veröffentlichen.